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Ellen Bos (Hrsg.)

Konservativismus im 21. Jahrhundert. Liebe zu alten Lastern oder Angst vor neuen Fehlern?

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Andrássy Studien zur Europaforschung 11); 205 S.; brosch., 38,- €; ISBN 978-3-8487-0829-1
Der Begriff des Konservativismus (auch: Konservatismus) ist ein schillernder, der sich eindeutigen Definitionsversuchen weitgehend entzieht. Zu verschieden scheinen die politischen Positionen, die sich mit ihm verbanden und verbinden, zu unklar die Abgrenzung zu verwandten Begriffen wie etwa Traditionalismus. Entsprechende Bestimmungsversuche vor aktuellem Hintergrund werden in den Beiträgen des Bandes vorgenommen. Sie gehen zurück auf eine Tagung, die im November 2012 an der Andrássy‑Universität Budapest stattfand. Eine einheitliche Perspektive wird nicht geboten, stattdessen finden sich Bausteine für ein modernes Verständnis von Konservativismus. Kálmán P Ócza verweist auf die starke Kontextabhängigkeit des Begriffs, der nicht für ein „kohärentes und universal gültiges Glaubenssystem“ stehe. Vielmehr solle er als eine „Disposition aufgefasst werden […], die trotz ihrer radikal variierenden Objektorientierung […] als eine mehr oder weniger universale Attitüde begriffen werden kann“ (48). Herausgeberin Ellen Bos untersucht das Wechselverhältnis von Konservativismus und Regimewechseln, etwa denjenigen in Ostmitteleuropa von 1989/90. Vor diesem Hintergrund sieht sie den Begriff „einerseits ideell als Konfiguration von bestimmten Werthaltungen […], andererseits aber als situative bzw. positionale Ideologie, die auf die Konstellationen von sozialen Gruppen in bestimmten historischen Konstellationen abhebt“ (147). Zoltán Tibor Pállinger spricht sich aus konservativer Perspektive für die Stärkung von Elementen direkter Demokratie aus, da diese – auch jenseits normativer Überlegungen zur Qualität von Demokratie – konservative Anliegen stärken würden: „Bei einer richtigen Ausgestaltung zwingen direkt‑demokratische Instrumente zu einer Politik der kleinen Schritte, der Berücksichtigung lokaler Bedürfnisse und von Minderheitenanliegen.“ (168) Kritik am Konservativismus aus konservativer Perspektive untersucht Andreas Oplatka am Beispiel einer Romantrilogie des siebenbürgischen Autors Mikl Ós Bánffy. Jenseits ideologischer Prägungen zeige sich hier das Bild eines politischen Realisten oder Pragmatikers, dessen Handeln aber gleichwohl von einem ethnisch‑moralischen Werteverständnis geprägt gewesen sei. Gegenteiligen Ausformungen gilt entsprechende Kritik.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.222.212.22.235.312.613.1 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Ellen Bos (Hrsg.): Konservativismus im 21. Jahrhundert. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37336-konservativismus-im-21-jahrhundert_45846, veröffentlicht am 24.07.2014. Buch-Nr.: 45846 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken