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Dieter Freiburghaus

Königsweg oder Sackgasse? Schweizerische Europapolitik von 1945 bis heute

Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung 2015; 456 S.; 2., überarb. Aufl.; brosch., 48,- €; ISBN 978-3-03810-018-8
Dieter Freiburghaus folgt den „Mäandern“ der Geschichte der schweizerischen Europapolitik seit 1945 „von Biegung zu Biegung“. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs betonte die Schweiz ihre immerwährende Neutralität und blieb den meisten internationalen und europäischen Organisationen fern, sie „zelebrierte den Sonderfall“ (380). Doch ab Mitte der 1950er‑Jahre änderte sie ihre Haltung und beteiligte sich aktiv am britischen Gegenprojekt zum Gemeinsamen Markt, an der Gründung der EFTA. In den 1960er‑Jahren trat die Eidgenossenschaft dem Europarat bei und in den 1970er‑Jahren beteiligte sie sich an den Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen. Später wirkte sie an der KSZE und der OSZE mit. Mit anderen Worten: Die Schweiz ist heute in zahlreiche internationale und europäische Organisationen eingebunden, sodass einerseits von einem Sonderfall Schweiz nicht mehr die Rede sein kann. Doch andererseits hält der Autor es für ein Land im Zentrum des Kontinents für ziemlich exklusiv, außerhalb der EU zu stehen, sodass die Eidgenossenschaft doch als ein Sonderfall betrachtet werden kann. Ein eigenes Interesse, sich am Aufbau Europas zu beteiligen, war kaum je erkenntlich, vielmehr war die Europapolitik reaktiv; Rhythmus und Themen wurden vom europäischen Integrationsprozess vorgegeben. Die schweizerischen Gegenmaßnahmen teilt Freiburghaus in drei Gruppen ein: „autonome Anpassungen an die europäische Entwicklung, Abkommen mit der Gemeinschaft und Fitnesskuren für die schweizerische Wirtschaft. Zudem konnte man allein vorgehen oder sich mit anderen Staaten verbünden“ (381), wofür die EFTA lange eine wichtige Basis bot. In allen Phasen dominierte das Primat der Wirtschaft. „Beitrittsfähig bleiben, um nicht beitreten zu müssen“ (384), diese Aussage eines Schweizer Politikers verdeutlicht nach Ansicht von Freiburghaus die Haltung der Eidgenossenschaft zur Europäischen Union: Solange dem Land durch autonome und vertragliche Maßnahmen der ungehinderte Zugang zum Binnenmarkt sicher ist, muss es der Union nicht beitreten. Denn es wird befürchtet, dass ein Beitritt Unfrieden ins Land bringen könnte, die Schweiz an Vielfalt einbüßen und die schweizerische Form der Demokratie eingeschränkt würde – zumal sich die Eidgenossenschaft, auch als Nicht‑EU‑Mitglied, kaum mehr von den anderen Mitgliedstaaten unterscheidet: So geht mehr als die Hälfte des Exportes in die Länder der EU und die Schweiz ist wiederum einer ihrer besten Kunden.
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Rubrizierung: 2.54.224.33.1 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Dieter Freiburghaus: Königsweg oder Sackgasse? Zürich: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39506-koenigsweg-oder-sackgasse_47273, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 47273 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken