Die Bundestagswahl vom September 2009 präsentierte das Bild einer unübersichtlichen Mischung von Kontinuitäten und Überraschungen. Dazu zählten die bisher niedrigste Wahlbeteiligung, höchste Anteile für kleine Parteien und ein ausgeprägtes Splittingverhalten vieler Wähler zugunsten der FDP, die ihr nicht nur das beste Ergebnis bei einer Bundestagswahl bescherte, sondern auch zu einer Koalition führte, die sich als Ausdruck eines Wählervotums und nicht lediglich als Resultat von Koalitionsarithmetik darstellen ließ. Zur Wahl selbst sind zahlreiche politikwissenschaftliche Publikationen erschienen – doch seien diese, so sehen es die Herausgeber, in der Tendenz von einer augenscheinlichen Abstinenz geprägt, „die Bedeutung dieser Bundestagswahlen auszuloten“ (7). Die Beiträge des Bandes sind aus den Jahrestagungen 2009 und 2010 des Arbeitskreises „Wahlen und politische Entscheidungen“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW) entstanden. Im Mittelpunkt stehen die Beschreibung und Erklärung der Wahl und des Wählerverhaltens, dabei in besonderem Maße unter Rückgriff auf neuere theoretische und methodische Ansätze der Politischen Psychologie oder der politischen Kommunikationsforschung. Die Abhandlungen sind durchgängig sehr methodenbewusst angelegt – das gilt sowohl für die jeweils herangezogenen Datensätze als auch für die verwendeten Auswertungs‑ beziehungsweise Interpretationsverfahren. Diskutiert werden Fragen der Wahlbeteiligung und der Einstellung von Nichtwählern, Koalitionspräferenzen und Merkmale der Attraktivität von Kandidaten, die Bedeutung von politischen Informationen für die Wahlentscheidung und schließlich das Verhältnis von Wahlentscheidungen auf Bundes‑ beziehungsweise Länderebene. Insgesamt leistet der Band einen interessanten Beitrag zur Wahl‑ und Wählerforschung, auch wenn die Herausgeber einräumen, dass zunehmende Vielfalt und abnehmende Sicherheiten im Wahlgeschehen noch keine „integrierte Perspektive und ein komplettes Erklärungs‑ und Deutungsangebot zu den neueren Tendenzen im Wählerverhalten“ (13) erlauben.