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Heinrich Wilhelm Schäfer

Kampf der Fundamentalismen. Radikales Christentum, radikaler Islam und Europas Moderne

Frankfurt a. M/Leipzig: Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag 2008; 252 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-458-71017-2
Der Theologe und Religionssoziologe Schäfer legt eine interessante Studie zum Zusammenhang zwischen Fundamentalismus und Moderne vor. In eben jenem Verhältnis verortet er die Konflikte der Gegenwart und nicht in einem wie auch immer gearteten „Kampf der Kulturen“. Dieses Konzept lehnt er ab, weil es sich dabei um ein polit-strategisches Paradigma der Fundamentalisten handele, um die Hegemonie in der je eigenen Kultur zu erlangen. Der Autor entwickelt einen handlungstheoretischen Fundamentalismusbegriff anhand zweier formaler Kriterien: Absolutsetzung des Eigenen und gesellschaftliche Dominanzstrategie. Dabei wollen Fundamentalisten die Moderne nicht rückgängig machen, sondern sie abwandeln. Dazu verwandeln sie soziale Interessen- in Identitätskonflikte: „Das Schlachtfeld der Fundamentalisten sind die Konflikte um das moderne Leben selbst“ (21). Fundamentalismus wird somit zu einer Umgangsweise mit der Moderne. Während sich im islamischen Fundamentalismus der Protest gegen die von außen oktroyierte Moderne und zum Teil die inneren Eliten ausdrückt, ist es im Falle der amerikanischen Evangelikalen und der Pfingstbewegung die Verpflichtung gegenüber einem religiösen Ursprungsmythos der Nation. Die Vermittlungschance Europas sieht Schäfer nun in einer Zwischenstellung. So finden sich in Europa institutionelle Arrangements zwischen Kirche und Staat, während der öffentliche politische Diskurs von religiöser Rhetorik freigehalten wird. In den USA und den meisten islamischen Ländern „werden Staat und religiöse Institutionen scharf getrennt“ (29), was hierzulande kaum erwähnt wird, während der politische Diskurs in der Öffentlichkeit stark religiös beherrscht ist. Zur spezifisch europäischen Situation erläutert der Autor: „Das Abnehmen religiösen Interesses in Europa hat mit der Verbesserung der sozialen Sicherungssysteme zu tun – und seine Zunahme in jüngerer Zeit mit deren Abbau“ (205).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.22 | 2.61 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Heinrich Wilhelm Schäfer: Kampf der Fundamentalismen. Frankfurt a. M/Leipzig: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30422-kampf-der-fundamentalismen_36115, veröffentlicht am 05.05.2009. Buch-Nr.: 36115 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken