
Kalter Krieg und Wohlfahrtsstaat. Europa 1945-1989
Basierend auf einem weiterentwickelten Vorlesungsmanuskript, bietet das Buch nicht nur für Studierende eine gelungene Einführung in die europäische Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. Zwar enthält der Band wenig neue Informationen, der spezifische Zuschnitt der Erzählungen macht ihn aber auch für Politikwissenschaftler interessant. Er bietet die Möglichkeit, die Ursprünge der jüngsten europäischen Entwicklungen seit 1989/90 kritisch zu hinterfragen und aus einem teils veränderten Blickwinkel zu bewerten. Dazu trägt vor allem bei, dass es sich um keine rein politische Geschichte handelt – gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen wird ein ebenso starkes Gewicht eingeräumt. Darüber hinaus wird jede der behandelten drei Epochen (Nachkriegszeit und Beginn des Kalten Krieges; Wirtschafts- und Wohlfahrtsboom der 60er- und frühen 70er-Jahre; die Phase von Globalisierung, Marktliberalismus und wachsenden Ungleichheiten seit Mitte der 70er-Jahre) aus jeweils drei unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt und diskutiert, die in der Regel eigenständige, in sich geschlossene Forschungsdisziplinen der Politikwissenschaft sind. Gefragt wird erstens nach den gemeinsamen Entwicklungen und Tendenzen; zweitens nach den innereuropäischen Unterschieden, nicht nur zwischen Ländern, sondern auch zwischen einzelnen Regionen sowie zwischen Ost- und Westeuropa; drittens schließlich wird für jede Epoche die globale Rolle Europas behandelt. In gewohnt souveräner Manier präsentiert Kaelble ein spannendes Lesebuch, das gleichermaßen zum Nachschlagen geeignet ist wie auch zum Um- und Weiterdenken anregt.