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Carsten Bäcker / Sascha Ziemann (Hrsg.)

Junge Rechtsphilosophie

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2012 (Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Beiheft 135); 214 S.; 42,- €; ISBN 978-3-515-10268-1
Der Band versammelt Vorträge, die auf der der Jahrestagung des Jungen Forums Rechtsphilosophie im Rahmen des 25. Weltkongresses der Internationalen Vereinigung für Rechts‑ und Sozialphilosophie im August 2011 gehalten wurden. Unter den Beiträgen sind für die Politikwissenschaft vor allem drei von besonderem Interesse. Carsten Bäcker skizziert die Grundzüge einer relativistischen Diskurstheorie. In Anknüpfung an Robert Alexys Überlegungen zur Diskurstheorie der juristischen Begründung schlägt er ein eindimensionales Diskursmodell vor, das auf die Ebene eines idealen Diskurses und die damit verbundenen Probleme der Wahrheit, absoluten Richtigkeit und Letztbegründbarkeit verzichtet. Diese so bezeichnete relativistische Diskurstheorie biete gerade, indem sie auf philosophische Wahrheitsansprüche verzichte, den Vorzug juristischer Anwendbarkeit. Andreas Funke rekonstruiert anhand des jüngsten Buches von Ingeborg Maus zum Problem der Volkssouveränität die sehr aktuelle Fragestellung, ob die Grenzen politischer Selbstbestimmung zwingend nationalstaatlich gedacht werden müssen. Ingeborg Maus ist in der Bundesrepublik eine vehemente Verfechterin eines demokratietheoretisch gehaltvollen, auf tatsächliche Wirksamkeit drängenden Begriffes von Volkssouveränität. Das brachte sie in Widerspruch zu weiten Teilen des staatsrechtlichen Denkens, das das Problem unter der Formel der „verfassunggebenden Gewalt des Volkes“ abgehakt hat. Und es bringt sie in Widerspruch zu allzu schnellen Versuchen, von transnationaler, etwa europäischer Demokratie zu reden, wo es weder demokratische Gesetzgebungskompetenz noch Institutionen der Beteiligung oder plausiblen Repräsentation der Bürger an internationalen Entscheidungen gibt. Tim Wihl systematisiert in seinem Beitrag verschiedene Menschenwürdetheorien und sucht dabei nach einer Metatheorie der Menschenwürde. Er unterscheidet hier zunächst verschiedene Dimensionen des Begriffs. Analog zur Struktur philosophischer Wahrheitstheorien differenziert Wihl Korrespondenz‑, Kohärenz‑, Konsens‑, Evidenz‑, und Redundanztheorien der Würde. Damit gelingt ein guter Überblick über ein in den vergangenen Jahren sehr unübersichtlich gewordenes Feld. Im Ergebnis sei aber Skepsis an der juristischen Verwendbarkeit des Begriffs angebracht: „Die Menschenwürde hat keine Kerngehalte. Sie ist als republikanische Idee im politischen Prozess perfektionistisch zu entfalten. So brauchbar sie als ein progressives Mantra der Systemveränderung ist, so überflüssig ist sie als Rechtsbegriff.“ (200)
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.44 | 5.41 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Carsten Bäcker / Sascha Ziemann (Hrsg.): Junge Rechtsphilosophie Stuttgart: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35885-junge-rechtsphilosophie_43507, veröffentlicht am 27.06.2013. Buch-Nr.: 43507 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken