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Thomas Raithel

Jugendarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik. Entwicklung und Auseinandersetzung während der 1970er und 1980er Jahre

München: Oldenbourg Verlag 2012 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 105); VII, 158 S.; brosch., 24,80 €; ISBN 978-3-486-70947-6
Infolge der Wirtschaftskrise Anfang der 1970er‑Jahre entwickelte sich die Jugendarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik zu einem ernsthaften Problem, das eine große öffentliche und politische Aufmerksamkeit erfuhr. So wurde Jugendarbeitslosigkeit gegenüber der derzeit ebenfalls herrschenden Massenarbeitslosigkeit von erwachsenen Erwerbspersonen mit einem höheren volkswirtschaftlichen Kostenfaktor und stärker ausgeprägten gesellschaftlichen Gefährdungen wie Kriminalität, Drogenkonsum oder politischer Radikalisierung verknüpft. Zwar hatte die Jugendarbeitslosigkeit für die Bundesrepublik ein beunruhigendes Ausmaß angenommen, nahm aber einen gemäßigteren Verlauf als in zahlreichen anderen westlichen Staaten. Vor diesem Hintergrund unternimmt Thomas Raithel eine mehrgleisige Analyse der Arbeitslosigkeit von Jugendlichen in den 1970er‑ und 1980er‑Jahren. Erstens skizziert er die wellenförmige Entwicklung der Arbeitslosigkeit im betrachteten Zeitraum. Zweitens untersucht er – eingebettet in den zeitgeschichtlichen Kontext wie der Herausbildung der Dienstleistungsgesellschaft, der Entwicklung der Arbeitszeitgestaltung oder des Wandels der Geschlechterrollen – die politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit diesem Phänomen. Sein besonderes Interesse gilt den gesellschaftlichen Wahrnehmungs‑ und politischen Handlungsmustern. Dabei macht Raithel einerseits ein „wachsendes Bewusstsein von der Komplexität des Problemfeldes“ (86) und einen sozialen wie räumlichen Differenzierungsprozess aus. Andererseits zeigte sich gegen Ende der 1980er‑Jahre, als das Thema an Bedeutung verlor, eine „Art von Gewöhnung an ein Ausmaß von Jugendarbeitslosigkeit […], das Mitte und Ende der 1970er‑Jahre noch Angst und Schrecken verbreitet hätte“ (87). Um seine Erkenntnisse im Lichte der europäischen Entwicklungen einzuordnen, fragt der Autor – drittens –, warum die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland weniger stark ausgeprägt war als beispielsweise in Frankreich. Raithel führt dies u. a. auf berufsbildungspolitische Unterschiede, größere Probleme bei der Integration von Migranten in Frankeich und auf einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert von Jugend in Deutschland zurück. Insgesamt aber kommt der Autor zu dem Schluss, dass die Jugendarbeitslosigkeit „kein spezifisches Jugendproblem“ war und ist, sondern „vielmehr einen Aspekt der generellen Massenarbeitslosigkeit“ (130) bildet.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.313 | 2.342 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Thomas Raithel: Jugendarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9244-jugendarbeitslosigkeit-in-der-bundesrepublik_43214, veröffentlicht am 14.03.2013. Buch-Nr.: 43214 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken