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Wolfgang Gieler / Sabrina Keller

Jordanien. Eine Einführung in Politik und Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Ära Abdullah II

Berlin: Lit 2014 (Politikwissenschaft 200); 175 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 978-3-643-12781-5
„Seit der Gründung des jordanischen Staates untersteht das Land ununterbrochen der Herrschaft der Familie der Haschemiten“ (8). In dieser konstitutionellen Erbmonarchie wird das oberste politische Amt nicht durch Wahl besetzt, sondern innerhalb der haschemitischen Dynastie vererbt, in der Regel an den ältesten Sohn, schreiben Wolfgang Gieler, Professor für Interkulturelle Studien in Istanbul und Jena, und Sabrina Keller in ihrer Einführung in Politik, Gesellschaft und Geschichte Jordaniens. Trotz des politischen Öffnungsprozesses seit Beginn der 1990er‑Jahre „beruht das politische System Jordaniens weiterhin im Wesentlichen auf der persönlichen Autorität des auf Armee, Polizei und Sicherheitskräfte gestützten Königs, der mit Hilfe traditioneller Eliten und einer wachsenden Technokratenschicht regiert“. Der königliche Hof, der „diwan al‑maliki“ (57), dient als politisches und administratives Bindeglied zwischen dem König, der Regierung, der Armee und den Sicherheitskräften sowie zwischen dem König und der Bevölkerung – jegliche Kritik am Königshaus gilt als Tabu. Eine klare Gewaltenteilung und eine Verfassungsgerichtsbarkeit existieren de facto nicht. Die Kontrolle der Regierung durch die gewählten Abgeordneten des Unterhauses, eine der Kammern der Nationalversammlung („Majlis al‑Umma“, 64), findet praktisch kaum statt, zumal der König bei allen Gesetzen ein Vetorecht ausüben kann. Das Parlament fungiert vor allem als Forum, in dem verschiedene Positionen öffentlich artikuliert werden können. Demzufolge haben Wahlen nur eine geringe politische Bedeutung, gewählt wird kaum nach ideologischen Gesichtspunkten, sondern es sind die Personen erfolgreich, von denen sich die Wähler die Vermittlung des Zugangs zu staatlichen Posten oder sonstige Vorteile erhoffen. Gieler und Keller sprechen von einem System des Klientelismus und der Patronage, die „Mobilisierung tribaler Bindungen“ (34) bestimmt auch heute noch das gesellschaftliche und politische Leben des Landes. Über 90 Prozent der Bevölkerung sind sunnitische Muslime; Tscherkessen und Tschetschenen befinden sich bereits seit dem 19. Jahrhundert im Land und bilden eine der ethnischen Minderheiten. Seit Januar 2011 kam es parallel zu den Protesten in den anderen arabischen Ländern zu Demonstrationen, die 2012 von der Regierung teilweise mit Gewalt aufgelöst wurden. Die Autoren sehen Jordanien – „verlässliche[r] Bündnispartner des Westens“ (8) – vor riesigen Aufgaben, sowohl in Bezug auf sozioökonomische als auch auf soziokulturelle Fragen „nach Identität und Teilhabe“ (166).
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Rubrizierung: 2.632.212.222.232.242.2624.42 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Wolfgang Gieler / Sabrina Keller: Jordanien. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38666-jordanien_46580, veröffentlicht am 23.07.2015. Buch-Nr.: 46580 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken