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Andreas Beck

Japans Territorialkonflikte – Eine Frage der Wahrnehmung?

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Aussenpolitik und Internationale Ordnung); 234 S.; 39,- €; ISBN 978-3-8329-5815-2
Diss. Münster; Gutachter: P. Kevenhörster, D. Nabers. – Warum beansprucht Japan einige unbewohnte Inseln und Felsen als Territorium, obwohl sie wirtschaftlich nutzlos und strategisch unbedeutet sind – und nimmt in Kauf, mit China, Taiwan, Südkorea und Russland bis in die Gegenwart hinein in Konflikte verwickelt zu werden? Die ursprünglich weder zu Russland noch zu Japan gehörenden, einst von den Ainu bewohnten Südkurilen wurden 1945 von der Roten Armee besetzt, die Jahrhunderte unter chinesischem Einfluss stehenden Senkaku-Inseln befanden sich von 1895 bis 1945 in japanischem Besitz und die näher bei Südkorea liegenden Takeshima-Inseln wurden zu Beginn der Kolonisierung Koreas 1904 annektiert. Diese beiden kargen Inseln gingen 1945 in südkoreanischen Besitz über. Alle drei Inselgruppen werden heute noch von Japan beansprucht. Beck stellt in seiner Analyse dieser seit vielen Jahrzehnten schwelenden Dauerkonflikte fest, dass diese nicht rationalistisch zu erklären sind. Er arbeitet deshalb mit dem von Alexander Wendt formulierten gemäßigten Konstruktivismus, bei dem vor allem ideelle Werte im Mittelpunkt stehen. Und tatsächlich lassen sich, so zeigt die Darstellung, die Territorialstreitigkeiten nur erklären, wenn deren symbolische Bedeutung beachtet wird. Für die japanische Seite benennt Beck als ständige und stets erneute Konfliktursache das Wirken konservativer Kräfte, die eine Aufarbeitung der Rolle Japans als Kolonialmacht und während des Zweiten Weltkriegs zu verhindern versuchen, sowie den Anspruch des Landes, Jahrzehnte nach Kriegsendes als normaler Staat auftreten zu wollen. Vor allem aus Sicht Chinas und Südkoreas werden aber die japanischen Territorialansprüche, die als unberechtigt angesehen werden, als fortgesetzte Aggression begriffen. Für Russland wiederum „stellen die Süd-Kurilen ein Symbol des Sieges im großen Vaterländischen Kriege dar“ (198) und gelten deshalb, ähnlich wie auf japanischer Seite befeuert von Bürgerbewegungen, als unverzichtbar. Der naheliegenden Empfehlung, auf die in keiner Weise zu nutzenden Inseln einfach zu verzichten, enthält sich der Autor, eine solche Entscheidung wäre angesichts der von ihm beschriebenen politischen Kulturen wohl auch kaum zu erwarten. Er schlägt stattdessen vertrauensbildende Maßnahmen vor und würdigt erste Austauschprogramme vor allem für junge Menschen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.41 | 4.1 | 2.68 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Andreas Beck: Japans Territorialkonflikte – Eine Frage der Wahrnehmung? Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33520-japans-territorialkonflikte--eine-frage-der-wahrnehmung_40109, veröffentlicht am 13.04.2011. Buch-Nr.: 40109 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken