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Claudia Fröhlich / Harald Schmid (Hrsg.)

Jahrbuch für Politik und Geschichte. Band 3: Brauchen Demokratien Geschichte?

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2013 (JPG 2012); 263 S.; brosch., 52,- €; ISBN 978-3-515-10265-0
Eine gemeinsam gedachte Vergangenheit stiftet Identität. Der Bezug auf die Historie ist daher eine häufige Argumentationsfigur in politischen Meinungsäußerungen – sowohl in autoritären und diktatorischen Regimen als auch in demokratisch verfassten Staaten. Die damit einhergehende Frage „Brauchen Demokratien Geschichte?“ bildet den Themenschwerpunkt des Jahrbuches. Ein Teil der Beiträge geht zurück auf eine gleichnamige Tagung, die von der Friedrich‑Ebert‑Stiftung und dem Arbeitskreis Politik und Geschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft im Juli 2011 in Bonn veranstaltet wurde. Aus systemtheoretischer Perspektive hält der – zwischenzeitlich verstorbene – Hamburger Politologe Michael Th. Greven fest, dass Demokratien „im Bewusstsein ihrer (konstruierten) Geschichte existieren“ und damit „funktional und legitimatorisch einer auch im kollektiven Bewusstsein ihrer Bevölkerung in ausreichendem Maße verankerten Identität“ (26) bedürfen. Diese Identität lasse sich vor allem über Geschichte stiften. Der Wuppertaler Politikwissenschaftler Wolfgang Bergen sieht aus kulturanthropologischer Sicht in geschichtspolitischen Aktivitäten „[e]ine Möglichkeit, dem Menschen als symbolischen Wesen Sinn und Deutung bereitzustellen“ (41). Empirische Beispiele für diese theoretischen Überlegungen bietet unter anderem der Beitrag der Wiener Politologin Elisabeth Kübler zu den Möglichkeiten und Grenzen demokratischer Geschichtspolitik auf europäischer Ebene (siehe auch Buch‑Nr. 41700). Die Autorin hebt die aktive Rolle des Europäischen Parlaments „bei der Bündelung partikularer geschichtspolitischer Interessen“ (75) hervor. Bei der Umsetzung entsprechender Entscheidungen bieten sich den Mitgliedstaaten jedoch Spielräume, zumal die Kompetenzen des Parlaments hier eingeschränkt sind. Jenseits des Themenschwerpunktes widmet sich der Osnabrücker Historiker Marcel Berlinghoff dem Thema Geschichte und Geschichtsvermittlung in Einwanderungsgesellschaften (siehe auch Buch‑Nr. 43726). Er konstatiert eine starke „Verflechtung von Historiografie, öffentlichem Erinnern und gesellschaftspolitischen Debatten“ (256), wobei sich zunehmend transnationale Blickwinkel durchsetzten, ohne nationale Perspektiven abzulösen.
{MUN}
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.311 | 3.4 | 2.331 | 2.35 | 5.2 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Claudia Fröhlich / Harald Schmid (Hrsg.): Jahrbuch für Politik und Geschichte. Band 3: Brauchen Demokratien Geschichte? Stuttgart: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37166-jahrbuch-fuer-politik-und-geschichte-band-3-brauchen-demokratien-geschichte_45751, veröffentlicht am 05.06.2014. Buch-Nr.: 45751 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken