Jahrbuch Extremismus & Demokratie (E & D) 15. Jahrgang 2003
Im 15. Jahr seines Erscheinens enthält das Jahrbuch ein besonders breites Spektrum von Aufsätzen, wobei in dem zentralen Teil der „Analysen" die intellektuelle Auseinandersetzung mit extremistischen Phänomenen als ein einigendes Band zwischen den Beiträgen verstanden werden mag. Die extensive Auslegung von Extremismus und Demokratie ist Stärke und Schwäche des Jahrbuchs zugleich. Einerseits bleibt so dem Leser die anregende „totalitarismustheoretische Lektüre" der verbalen Gefechte zwischen Naphta und Settembrini (aus dem „Zauberberg") nicht vorenthalten. Andererseits entsteht dadurch zugleich der Eindruck der Beliebigkeit. Wie in den vergangenen Jahren wird dieser durch den weit mehr als 200 Seiten starken Rezensionsteil noch verstärkt. Von den politischen Systemen Osteuropas über Miegels deformierte Gesellschaft bis hin zu einer Nietzsche-Biografie - keine Neuerscheinung, die sich nicht mit Extremismus und Demokratie in Verbindung bringen ließe. Die fehlende Schwerpunktsetzung ist umso bedauerlicher, als auch der Band 15 neben den hilfreichen Dokumentationsartikeln (zu Wahlen und Organisationen im Jahr 2002) zahlreiche ertragreiche und überzeugende Beiträge enthält, so zu drei zentralen Texten des islamistischen Diskurses und zum gescheiterten NPD-Verbotsverfahren. Pluralistische Grundüberzeugungen leiten die Autorenwahl: Im Jahrbuch kommen Rolf Schlierer und Gabriele Zimmer - „aus Gründen der Fairneß" (8) - ebenso zu Wort wie (als Rezensenten) Ernst Nolte und Rudolf Scharping. Gleichwohl gilt einmal mehr, dass das Jahrbuch eine Lücke im sozialwissenschaftlichen Schrifttum zum Themenfeld des Extremismus füllt.
Aus dem Inhalt:
Analysen
Uwe Backes / Eckhard Jesse:
1918 - 1933 - 1945 - 1989. Ein Vergleich der Zäsuren und Phasen in extremismustheoretischer Perspektive (13-31)
Friedrich Pohlmann:
„Totalitarismus" - Kontroverse zwischen Camus und Sartre. Ein Intellektuellenstreit in der Zeit des Kalten Krieges (33-48)
Christian Bergmann:
Die gesellschaftliche Utopie in Thomas Manns „Zauberberg" - Eine totalitarismustheoretische Lektüre nach dem Erleben ihrer Realisierung (49-67)
Tânia Puschnerat:
Theorie und Strategie des islamistischen Diskurses - drei Beispiele (69-91)
Forum: Herausforderungen und Zukunft der „streitbaren" Demokratie; Daten, Dokumente, Dossiers