Wie kann der Verlag für die deutsche Übersetzung nur einen derart total misslungenen Titel vorschlagen, der an Sarrazins rassistischen Bestseller erinnert? Das haben Gorenberg und vor allem sein hellsichtiges Buch nicht verdient. Inhaltlich geht es dem Autor um etwas völlig anderes als Sarrazin. Der orthodoxe Jude sieht die liberale Demokratie in Israel gefährdet und versucht die Fehlentwicklungen aufzuzeigen und Alternativen zu diskutieren. Er geht dabei chronologisch vor und zeichnet die Geschichte Israels seit der Gründung des Staates nach. Dabei konzentriert er sich insbesondere auf die Episoden, in denen wesentliche Entscheidungen hinsichtlich der Staatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Israel getroffen wurden. Es geht in diesem Zusammenhang nicht nur um Israelis und Palästinenser, sondern ebenso um innerisraelische Konflikte zwischen Säkularen und Religiösen, Linken und Rechten, Falken und Tauben etc. Gorenberg verfällt in seiner Analyse nicht in die Rolle des Besserwissers, der die vermeintlich richtige Geschichte und die richtigen Lösungen kennt. Vielmehr stellt er die verschiedenen Sichtweisen gegenüber und erläutert die im Hintergrund stehenden Motive und Ideologien. Damit zeigt er, dass es verschiedene Wahrheiten gibt und daraus die Spannungen und die Widersprüche des israelischen Staates resultieren. Nebenbei veranschaulicht diese innerisraelische Konfliktgeschichte, dass das Gerede von einer jüdischen Lobby beziehungsweise von DER israelischen Politik keine Komplexität reduziert, stattdessen verzerrt es Realität und suggeriert eine nicht vorhandene Homogenität des Kollektivs. Der Autor setzt keine weitreichenden Kenntnisse über Israel voraus, er vermittelt diese lieber selber.