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Tilman Seidensticker

Islamismus. Geschichte, Vordenker, Organisationen

München: C. H. Beck 2014 (C. H. Beck Wissen); 127 S.; 8,95 €; ISBN 978-3-406-66069-6
Auch wenn viel über den Islamismus berichtet wird, heißt das nicht, dass dieses komplexe Thema in jedem Fall sachgerecht aufbereitet oder, wenn dem so geschieht, damit ein breites Publikum in kompakter Form erreicht wird. Tilman Seidensticker, Professor für Islamwissenschaft an der Universität Jena, geht mit seinem Einführungsband beide Herausforderungen an. Im Vorwort kündigt er „knappe[.] und sachliche[.] Information“ über ein Phänomen an, das mittlerweile fast mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als die islamische Religion selbst, obwohl „das, was wir heute unter dem Begriff Islamismus fassen, erst seit den 1920er Jahren“ (7) existiert. Auch stellt er gleich zu Beginn heraus, dass es keine allgemein gültige Definition des Begriffes gibt; vielmehr entscheide „oft die Weltanschauung darüber, was man aus welchen Gründen als Islamismus bezeichnet“ (9). Seidensticker identifiziert jedoch als ein zentrales Element eine „Verabsolutierung des Islams für die Gestaltung des individuellen, gesellschaftlichen und staatlichen Lebens“, die „gleichzeitig mit der Blüte totalitärer Ideen, besonders in Europa, entstand“ (10). Ein derart vielschichtiges Phänomen in knapper Form aufzubereiten, ist eine enorme Herausforderung. Dabei gelingt es Seidensticker, eine klare inhaltliche Gliederung zu präsentieren. Den Schwerpunkt bildet der Islamismus in der arabischen Welt; breiten Raum nimmt besonders die 1928 gegründete Muslimbruderschaft ein, die in Ägypten „noch heute die wichtigste einzelne politische Größe des Landes ist“ (44). Doch auch darüber hinaus zeigt Seidensticker die komplexen personellen und organisatorischen Verknüpfungen, Abspaltungen usw. im Islamismus auf. Dass man angesichts unzähliger Personen und Organisationen an einigen Stellen den Überblick zu verlieren droht, ist dabei vor allem der Komplexität des Themas geschuldet. Allerdings setzt der Autor für ein Einführungswerk teils viel Wissen – vor allem historisches und geografisches – voraus. Daher ist den Ausführungen manchmal nur schwer zu folgen, trotz des nützlichen Glossars. Dank der umfangreichen Literaturhinweise zur Vertiefung und der kompakten Darstellungen zu Reizthemen wie Jihad und Selbstmordattentaten, die Seidensticker kundig anhand des Korans kontextualisiert, bildet das Buch dennoch eine lesenswerte, prägnante Einführung.
Frank Kaltofen (FK)
Politikwissenschaftler, Promotionsstudent, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.12.222.232.252.632.675.34 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Tilman Seidensticker: Islamismus. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37790-islamismus_46292, veröffentlicht am 13.11.2014. Buch-Nr.: 46292 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken