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Michael Axworthy

Iran. Weltreich des Geistes. Von Zoroaster bis heute. Aus dem Englischen von Gennaro Ghirardelli

Berlin: Verlag Klaus Wagenbach 2012; 347 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-8031-3636-7
Blickt man von westlicher Warte aus auf den Iran, so fallen einem verhüllte Frauen ein, „finster blickende Mullahs“ (10) und Präsidenten, die mehr durch Hassreden auf sich aufmerksam machen als durch solide Politik. Leider weitet sich besagter Blick nur selten, sondern beschränkt sich allein auf die keineswegs zu vernachlässigenden negativen Aspekte des derzeitigen Regimes im Iran. Der Westen hat sich womöglich vom antiken Bild des persischen Barbaren nie vollauf gelöst, scheint er sich doch zugleich in dieses vorurteilsbeladene Bild mehr als passend einzufügen. Man registriert gleichwohl lediglich das, was man erwartet, und Positives ist vom Iran ohnehin nicht zu erwarten. Weit gefehlt! Michael Axworthy präsentiert eine erstaunlich erfrischende Sicht auf den Iran, die allerdings nicht in eine Apologie der iranischen Diktatur abgleitet, sondern den Widerspruch der in der Verfassung verankerten demokratischen Elemente und der politischen Wirklichkeit offen benennt. Die massiven Proteste infolge der Wiederwahl Mahmud Ahmadinedschads im Sommer 2009 – ausgelöst durch Manipulationsvorwürfe – waren vorerst nur die letzte Gelegenheit, bei der sich die hässliche Fratze des Regimes in Form des harten Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen die Protestierenden gezeigt hat. Axworthy führt uns dessen ungeachtet galant durch dreitausend Jahre iranischer Geistesgeschichte. Beginnend mit Zarathustra, der moralische und philosophische Problemlagen erstmals theologisch überwand und dessen Dualismus von Himmel und Hölle, der individuellen Wahl zwischen Gut und Böse und der Vorstellung eines göttlichen Gerichts auch nachfolgende Religionen nachhaltig beeinflusst hat, bis hin zum modernen iranischen Film, der auf internationalen Veranstaltungen bereits einige Preise gewinnen konnte. Mehr als deutlich wird demnach, in welch vielfältiger Weise die iranische bzw. persische Kultur die Geisteslandschaft Europas geprägt hat. Dieser Seite des Irans gehört unsere Sympathie und Anteilnahme; die Zukunft des Landes liegt allemal hierin, wie Axworthy betont. Allerdings haben sich einige (Übersetzungs‑?)Fehler eingeschlichen: So handelt es sich bei dem Film „Die Farbe des Geldes“ keineswegs um eine iranische Produktion, sondern um einen US‑amerikanischen Klassiker aus den 1980er‑Jahren mit Paul Newman in der Hauptrolle. Gemeint war hier offensichtlich „Die Farbe des Paradieses“ von Majid Majidi aus dem Jahr 1999.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.63 | 2.25 | 2.1 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Michael Axworthy: Iran. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36031-iran_44174, veröffentlicht am 08.08.2013. Buch-Nr.: 44174 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken