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Bahman Nirumand

Iran. Die drohende Katastrophe

Köln: Kiepenheuer & Witsch 2006; 223 S.; brosch., 16,90 €; ISBN 978-3-462-03708-1
„Wo liegen die inneren Ursachen – und wo wären äußere Verursacher zu benennen – für das politische und soziale Konfliktpotential des Iran?“ (189), fragt Nirumand. Seine Antwort ist eine herausragende Analyse des gegenwärtigen Regimes und des gesellschaftlichen Zustandes sowie der Gefallen, die die USA seiner Ansicht nach der iranischen Regierung erweisen. Nirumand beginnt mit der Darstellung des Atomstreits, in dem bis heute die Indizien fehlen, dass der Iran den Bau einer Atombombe anstrebt. Ohne das Land in irgendeiner Weise in Schutz zu nehmen, zeigt der Autor die schizophrene Politik der USA auf, die willkürlich gegen alle internationale Abkommen dem Iran auch die friedliche Nutzung der Atomenergie verbieten wollen. Nirumand vermutete hinter dem Atomstreit und dem Herbeireden eines Krieges andere geostrategische und energiepolitische Motive. Dieser außenpolitische Druck hilft seiner Ansicht dem iranischen Regime aber, seine Macht aufrechtzuerhalten und zu stabilisieren, obwohl sich die Mehrheit der Zivilgesellschaft längst von den Mullahs abgewandt habe. Das von Chomeini aufgebaute System habe auf drei Säulen basiert: auf dem sozialen Versprechen, die Situation der „Entrechteten und Habenichtse“ (166) zu bessern, auf dem ideologisch-politischen Versprechen, eine Herrschaft der Gläubigen zu errichten sowie auf der kulturellen Feindschaft zum Westen (USA, Israel). Tatsächlich habe sich das soziale Versprechen als pure Demagogie erwiesen, reich seien vor allem die religiösen Führer geworden. Errichtet worden sei ein lebensfeindliches System, das Radikalislamisten und grauen Eminenzen als Werkzeug diene. Und die Feindschaft zum Westen habe sich als Hass auf die Moderne und die Zivilisation entpuppt und damit als Waffe gegen Emanzipation und Fortschritt. Nirumand erläutert im Gegensatz dazu und zu den damit entstandenen diktatorischen Zuständen im Iran die Ansichten aufgeklärter islamischer Theologen, die für eine Historisierung auch dieser Religion plädieren. Damit wäre der Weg geebnet, Religion und Politik auch in der islamischen Welt zu trennen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.63 | 2.22 | 2.23 | 2.25 | 4.2 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Bahman Nirumand: Iran. Köln: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26280-iran_30607, veröffentlicht am 27.03.2008. Buch-Nr.: 30607 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken