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Josef Hierlmeier

Internationalismus. Eine Einführung in die Ideengeschichte des Internationalismus - von Vietnam bis Genua

Stuttgart: Schmetterling Verlag 2002 (Theorie.org); 180 S.; brosch., 10,- €; ISBN 3-89657-581-3
Hierlmeier sieht eine neue Bewegung im Entstehen begriffen, die er ob ihrer Ablehnung des als Bedrohung empfundenen Neoliberalismus als globale APO apostrophiert, und deren erste Kristallisationspunkte er "in 'Seattle' und 'Genua'" (7) festmacht. Mit Schwerpunkt auf den Debatten in der Bundesrepublik Deutschland will sein schmaler Band den Ideen des proletarischen Internationalismus der Arbeiterbewegung und den diesem entsprechenden späteren Manifestationen nachgehen. Dabei habe jene neue Bewegung quasi archäologisch die brauchbaren Überreste des 1989 in die Brüche gegangenen linken Gedankengebäudes zu einem neuen zusammenzufügen. Jene Zäsur habe zwar das Scheitern bisheriger linker Ansätze "in all ihren Schattierungen" (8) offenbart, über die These von der Geschichtsschreibung als Interpretation der Sieger gelangt Hierlmeier aber zu der Überzeugung, erst die Zukunft werde zeigen, was etwa 1968 tatsächlich bedeutete. Mit ungelenkem Sarkasmus demonstriert er bereits in der Einleitung, was den Band auch im Weiteren auszeichnet: wenig wissenschaftlich Brauchbares, dafür aber der kämpferisch-suggestive Versuch zu linker Meinungsformung. Es sei kurz zitiert: "Glauben Sie jetzt endlich, dass Deregulierung, Privatisierung und Abbau von Sozialleistungen zum Wohle aller sind? Sehen Sie ein, dass es keine Alternative gibt? Vielleicht wird dann noch was aus Ihnen. Vielleicht haben Sie Erfolg beim 'Survival of the fittest'. Viel Glück! Und Tschüss. [...] Oder gehören Sie zu denen [...], die Kapitalismus im Allgemeinen und Neoliberalismus im Besonderen für eine Zumutung halten? Sind Sie eine oder einer von denen, die Krieg immer noch Krieg nennen und nicht 'Verteidigung der Menschenrechte' oder 'humanitäre Intervention'? Gar eine oder einer, der beim Begriff 'Zivilgesellschaft' nicht gleich feuchte Augen bekommt? Dann lesen Sie weiter. Sie haben ja eh nichts Besseres zu tun." (7 f.) Inhaltsübersicht: 1. Die Vorgeschichte - Der proletarische Internationalismus; 2. Von Vietnam bis Kambodscha - revolutionäre Ungeduld: Die Gefahr eines kalten Faschismus - Die Analysen Karl Jaspers und Herbert Marcuses; Vietnam - der Bruch der APO mit Horkheimer und Adorno; Die Befreiungstheoretiker: Fanon, Lin Biao und Che; Die Radikalisierung der Revolte: Situationisten und Surrealisten; Der Vietnamkongress und die RAF; Der revolutionäre Messianismus; Der Bedeutungsverlust der sog. Dritten Welt; Die Rekuperation von "68" - ein Sieg der Bankangestellten? 3. Nicaragua und Schuldenkrise - Internationalismus in der Defensive: Die Krise des Keynesianismus: ökologische und militärische Bedrohungen; Die zentralen Handlungsfelder - Nicaragua und Schuldenkrise; Der Einfluss des Christentums; Die Dependenztheorie; Die Alternativbewegung und die Verteidigung der Lebenswelt. 4. Neuanfänge nach dem Siegeszug des Neoliberalismus: Der Liberalismus der Erschöpften: Die Pazifierung des Protestes; Zivilgesellschaftsdiskurs, NGOs und Weltkongresse; Die Karriere von Containerbegriffen: Nachhaltige Entwicklung und Global Governance; Lobbyismus als zentrale Politikoption - Die Erotisierung der Langeweile; Tarzan oder die Bedeutung von Foucaults Machtbegriff; Die Rehabilitierung von Protest.
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 4.1 Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Josef Hierlmeier: Internationalismus. Stuttgart: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/15956-internationalismus_18261, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 18261 Rezension drucken