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Behrouz Alikhani

Institutionelle Entdemokratisierungsprozesse. Zum Nachhinkeffekt des sozialen Habitus in Frankreich, Iran und Deutschland

Wiesbaden: Springer VS 2012; 303 S.; 42,99 €; ISBN 978-3-531-19307-6
Diss. Hannover; Begutachtung: D. Gholamasad. – Behrouz Alikhanis Untersuchung wird von dem Anspruch geleitet, „eine Kritik an den derzeit dominanten Demokratieforschungen“ (15) zu formulieren und an deren Stelle ein „prozesssoziologisches Demokratiemodell“ (49) zu entwickeln. Dieses orientiert sich an Überlegungen des in der Demokratietheorie weitgehend unbekannten Soziologen Norbert Elias. Den Hintergrund dieses Vorhabens bildet das Scheitern der konstitutionellen Monarchie im Iran – ein Ereignis, das in seinem Verlauf mit dem Versagen der Zweiten Republik in Frankreich und der Weimarer Republik in Deutschland kontrastiert und auf „strukturelle Gemeinsamkeiten“ (16) hin untersucht wird. Dass Alikhani dann die Verbindung zwischen diesen recht unterschiedlichen Ereignissen mit Elias als „Entdemokratisierungsprozess“ (Titel), also als Vergrößerung von Machtunterschieden zwischen den Bürgern einer (Staats‑)Figuration, fasst, ist prinzipiell reizvoll und auch für andere Zusammenhänge, wie die derzeitige Debatte über den Verfall der repräsentativen Demokratie, anregend. Um diesen Entwicklungen gewahr zu werden, genüge es aber nicht, so der Autor weiter, sich auf institutionelle Verfallserscheinungen zu konzentrieren. Denn diesen sichtbaren Veränderungen („institutionelle Dimension“ [57]) gehe ein Prozess voraus, in dessen Verlauf die Menschen eines Staates von den Handlungen einiger weniger Menschen abhängiger würden („funktionale Dimension“ [50 ff.]) und zum anderen die affektive Ausrichtung auf (und Identifikation mit) demokratische(n) Bedingungen abnehme („habituelle Dimension“ [54 ff.]). Das Erklärungsangebot des „Nachhinkeffekts des sozialen Habitus“, das im Untertitel genannt wird, erinnert an die Studie zur Civic Culture von Gabriel Almond und Sidney Verba – gerade weil der vom Autor vorgeschlagene Ansatz, der sich an der Elias‑Rezeption seines Doktorvaters Dawud Gholamasad orientiert, in der Politikwissenschaft kaum bekannt sein dürfte, wäre eine systematische Auseinandersetzung über Parallelen und Differenzen zu klassischen Demokratietheorien zu führen. So werden zwar allerlei Begriffe der Figurationstheorie zusammengetragen („soziale Prozesse“ [66], „Machtbalancen“, „Funktion als Beziehungsbegriff“ [68], „sozialer Habitus“ [72]), jedoch bleibt bis zuletzt unausgesprochen, welche architektonische Idee die einzelnen Bausteine zu einem prozesssoziologischen Modell von Demokratie verbindet.
Hendrik Claas Meyer (HCM)
M. A., Politikwissenschaftler und Soziologe, Universität Bayreuth.
Rubrizierung: 2.2 | 5.33 | 2.61 | 2.63 | 2.311 | 2.22 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Claas Meyer, Rezension zu: Behrouz Alikhani: Institutionelle Entdemokratisierungsprozesse. Wiesbaden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37598-institutionelle-entdemokratisierungsprozesse_46095, veröffentlicht am 25.09.2014. Buch-Nr.: 46095 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken