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Anna-Tina Pannes

Informalität. Theoretische und empirische Dimensionen informeller Entscheidungsprozesse in Regierungsformationen. Ein Analyseansatz

Wiesbaden: Springer VS 2015 (Studien der NRW School of Governance); 536 S.; brosch., 39,95 €; ISBN 978-3-531-18559-0
Politikwiss. Diss. Duisburg‑Essen; Begutachtung: K.‑R. Korte, A. Blätte. – Informalität und Politik sind im Grunde genommen kaum auseinanderzudividieren. Wo die Demokratietheorien eine ständige Herausforderung, ja Gefahr für das politische System sehen, verweisen Praktiker auf die Notwendigkeit informeller Prozesse, da sie das Wesen der Politik ausmachen und en passent die Strukturen von Verhandlungen stabilisieren. Wie aber ist der Begriff theoretisch und analytisch zu fassen? Hier setzt Anna‑Tina Pannes, Referentin am nordrhein‑westfälischen Landtag und Absolventin der NRW School of Governance, mit ihrer Arbeit an. Durch die Verbindung von interaktionsorientierten Ansätzen mit solchen aus der Organisationstheorie gelingt ihr etwas Besonderes: Unter Berufung auf Fritz W. Scharpf und Renate Mayntz kann Pannes den Begriff nicht nur analytisch greifen, sondern auch für so zentrale Aspekte wie die Handlungsspielräume der Akteure, die Hinterfragung formaler Prozessabläufe oder die Leistungsbewertung von Netzwerkeffekten nutzbar machen. Pannes fragt nach konkreten Strukturmerkmalen und Mustern von Informalität sowie nach deren Folgen für die Politik. Dabei ist die Autorin klug beraten, das Bild der formalen Prozessabläufe, beispielsweise durch die Geschäftsordnungen der im Blick stehenden politischen Institutionen (Parlamente, Bundesrat), zu relativieren. Diese Regelwerke sagen nichts aus über Absprachen und Netzwerke in den politischen Gremien, ohne deren Kenntnis das Wissen über die diskreten Arbeitsweisen etwa des Bundesrates unvollständig bleiben muss. Dabei ist die Öffentlichkeit, die in der Studie etwas zu kurz kommt, ein fester Bestandteil, wenn es um die beschriebenen Carbage‑Can‑Geschäfte geht. Diese und weitere Erkenntnisse fasst Pannes in ihrer Arbeit ebenso kenntnisreich wie kurzweilig zusammen. Ihrem Fazit, dass Informalität weitaus „besser ist als ihr Ruf“ (501), können Praktiker nur zustimmen. Die Studie von Pannes, Alt‑Stipendiatin des Gerhard‑Mercator‑Exzellenz‑Programms, ist insgesamt überzeugend und schlüssig formuliert. Hier schreibt eine Autorin, die den Politikprozess durchdrungen hat und die Praxis offensichtlich von innen kennt.
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Rubrizierung: 2.2 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Anna-Tina Pannes: Informalität. Wiesbaden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38658-informalitaet_41562, veröffentlicht am 23.07.2015. Buch-Nr.: 41562 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken