Skip to main content
Armin von Bogdandy / Ingo Venzke

In wessen Namen? Internationale Gerichte in Zeiten globalen Regierens

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2014 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2088); 383 S.; 18,- €; ISBN 978-3-518-29688-2
Die Verrechtlichung der internationalen Beziehungen erzeugt Fragen der Legitimation von überstaatlichen Gerichten. Hierbei handelt es sich um globale Akteure, deren Entscheidungen nicht nur Individuen, sondern ganze Kollektive betreffen. Während die herrschende Lehre internationale Gerichte vorrangig als Instrumente der Streitbeilegung interpretiert, kritisieren Armin von Bogdandy und Ingo Venzke diese Sichtweise mittels dreier Grundbegriffe: Multifunktionalität, internationale öffentliche Gewalt und Demokratie. So sei ein Gerichtsentscheid nicht monofunktional als bloße Rechtsprechung zu betrachten, sondern erfülle vielfältige rechtliche und soziale Funktionen. Darunter fallen die Streitbeilegung im Einzelfall, die Stabilisierung normativer Erwartungen, die Rechtschöpfung sowie die Legitimation und Kontrolle internationaler öffentlicher Gewalt. Statt öffentliche Gewalt als Besitz physischer Zwangsmittel zu verstehen und damit auf den Nationalstaat zu begrenzen, gehen die beiden Autoren davon aus, dass internationale öffentliche Gewalt, auf völkerrechtlichen Akten beruhend, Akteure rechtlich oder tatsächlich in ihrer Freiheit beschränken kann, sodass auch internationale Gerichte darunter zu subsumieren sind. Anhand der Kritik der traditionellen Sichtweise entwickeln von Bogdandy und Venzke einen Ansatz, der internationale Gerichte als Träger öffentlicher Gewalt wahrnimmt. Wenn internationale Rechtsprechung in diesem Sinne zu deuten ist, dann reicht wiederum die demokratische Legitimation, die über den Konsens der die Gerichte tragenden Staaten vermittelt wird, nicht aus. Es bedarf demnach eines Demokratiebegriffs, der die Thematisierung internationaler Gerichtsbarkeit ermöglicht. Vermittels der dem EU‑Vertrag entnommenen Bestimmungen, wonach überstaatliche Demokratriekonzeptionen auf Bürgerschaft, Repräsentation, Deliberation, Partizipation, Responsivität, Kontrolle und der Neuausrichtung des staatlichen Parlamentarismus beruhen, konzipieren die Verfasser einen Demokratiebegriff, den es theoretisch zu verdichten, dogmatisch zu konkretisieren und empirisch zu testen gelte.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 4.34.14.42 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Armin von Bogdandy / Ingo Venzke: In wessen Namen? Frankfurt a. M.: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37434-in-wessen-namen_45655, veröffentlicht am 21.08.2014. Buch-Nr.: 45655 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken