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Heribert Prantl

Im Namen der Menschlichkeit. Rettet die Flüchtlinge!

Berlin/Frankfurt a. M.: Ullstein 2015 (Streitschrift); 32 S.; 3,99 €; ISBN 978-3-550-08126-2
„Das Dublin‑System bestraft den Staat, der sich bei der Flüchtlingsabwehr nicht abwehrend genug benimmt und seine Grenzen nicht völlig dichtmacht“ (9), ist sich Heribert Prantl, Leiter des Ressorts Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung und Mitglied der Chefredaktion, sicher. Für ihn ist dies einerseits Ausdruck einer gescheiterten europäischen Asyl‑ und Flüchtlingspolitik und anderseits folgt daraus, dass Asylsuchende den „Friedhof“ (Mittelmeer) überqueren müssen, da kein legaler Weg möglich ist. Die Festung Europa wird heute nicht mehr geleugnet, „sie wird verteidigt“ (17), fasst Prantl – ganz im Sinne eines Plädoyers – anklagend zusammen. Er schreibt größtenteils polemisch, führt aber auch Zahlen und juristische Fakten an: die Kosten für eine Fortsetzung des seit Ende 2014 eingestellten Rettungsprogramms Mare Nostrum werden auf 108 Millionen Euro angesetzt, was 0,075 Prozent des EU‑Haushaltes entspricht. Innenpolitisch warnt Prantl davor, dass die etablierten Parteien – allen voran die CDU/CSU – wie Anfang der 1990er‑Jahre geschehen, populistische Parolen aufgreifen und es zu einer weiteren Aufweichung des Asylgrundrechts im Artikel 16a kommt, der 1993 für ihn ohnehin seine Seele verloren hat. Aber auch außenpolitische Faktoren wie die laxe Waffenexportpolitik Deutschlands, eine falsche (unfaire) Handelspolitik, der Wegfall der „Mobilitätspartnerschaften“ mit nordafrikanischen Ländern wegen des Arabischen Frühlings sowie die paradoxe EU‑Subventionspolitik spricht Prantl an. In ihnen sieht er weitere Hauptursachen für die steigende Zahl an Asylsuchenden. Vor diesem Hintergrund macht Prantl sechs Vorschläge, um eine legale, nach einem Punktesystem und über Aufnahmequoten geregelte Einwanderung zu ermöglichen: Flüchtlingshilfe schon in Transitländern wie Libanon, um insbesondere Schulbildung zu ermöglichen, sichere Fluchtrouten, Abschaffung des Dublin‑Systems und Einführung eines Quotenmodells, Eingliederung der Flüchtlinge in das Sozialgesetz, Abschaffung der Wohnpflicht in Asylunterkünften und kinderspezifische Asylrichtlinien, wie die Betreuung in Kindergärten und Schulen. Nur so könne die große Aufgabe der Integration gelingen.
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Rubrizierung: 4.423.53.6 Empfohlene Zitierweise: Christian Heuser, Rezension zu: Heribert Prantl: Im Namen der Menschlichkeit. Berlin/Frankfurt a. M.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38906-im-namen-der-menschlichkeit_47416, veröffentlicht am 24.09.2015. Buch-Nr.: 47416 Rezension drucken