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Ursula Prutsch

Iberische Diktaturen. Portugal unter Salazar, Spanien unter Franco

Innsbruck/Wien/Bozen: Studien Verlag 2012; 234 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-7065-5112-0
Prutsch verfolgt das Ziel, einen Überblick über die sich wandelnde Innen-, Bildungs- und Kulturpolitik des portugiesischen Regimes unter Salazar und des spanischen unter Franco zu geben. Dabei konzentriert sie sich auf die Etablierung und Erhaltung der diktatorischen Machtstrukturen, die dauerhaft bestehen sollten. Dies war aber nur mithilfe einer gewissen Flexibilität möglich. Bemerkenswert an der Analyse ist zum einen, dass die Autorin für dieses Ziel nicht nur „harte“ systemische Fakten hinzuzieht, sondern der medialen und kulturellen Sphäre erheblichen Raum gibt. Zum anderen stützt sie sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die bisher nur in spanischer und portugiesischer Sprache vorlagen und präsentiert eine Publikation, die diese Erkenntnisse auch in deutscher Sprache unterbreitet und für die eigene Analyse fruchtbar macht. Prutsch arbeitet heraus, dass es sowohl erhebliche Gemeinsamkeiten als auch fundamentale Unterschiede zwischen Salazar und Franco gab. Die beiden diktatorischen Regime konnten deshalb so lange von ihren jeweiligen Staatsmännern stabilisiert werden, weil sie erstens einen umfangreichen Verwaltungsapparat, zweitens eine die Hierarchien erhaltende und die Gesellschaft institutionell erfassende, korporatistische Ständeordnung aufgebaut haben sowie drittens eine Kultur- und Medienzensur einführten. Beide Diktaturen strebten eine totale Mobilisierung der Bevölkerung im Sinne des „Gemeinwillens“ und nach den Vorstellungen des „Neuen Menschen“ an. Prutsch bemerkt aber auch erhebliche Unterschiede zwischen beiden Staaten: Wenngleich der Katholizismus in beiden Ländern beheimatet war, ist seine Bedeutung doch als grundverschieden zu bewerten: Salazar hob die Trennung zwischen Staat und Kirche nie auf und wies der katholischen Kirche vorrangig soziale Funktionen zu. In Spanien hingegen wurde der Katholizismus als Staatsreligion etabliert und verfügte über das Bildungsmonopol, wodurch die katholische Kirche eine „fatale Position“ einnahm: der „Großteil ihrer Repräsentanten erkor den Krieg zum heiligen Kreuzzug gegen das Böse, gegen die ‚rote Bestie‘, die Feinde des Regimes. Damit verhalf sie dem Franquismus zum quasi-religiösen Wahrheitsanspruch und erklärte Franco zum Messias und zum ausgewählten Sohn Gottes“ (207). Prutsch arbeitet weitere Unterschiede heraus, beispielsweise die Instrumentalisierung der faschistischen Ideologie: Anders als Salazar bediente sich Franco u. a. faschistischer Vorbilder bei der Etablierung paramilitärischer Verbände und bei Inszenierungen. Auch in Bezug auf den Personenkult sind Abstufungen erkennbar: Der portugiesische Staatsmann nutzte Riten, Symbole und Inszenierungen zur permanenten Erhöhung der eigenen Person wesentlich sparsamer als Franco.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.61 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Ursula Prutsch: Iberische Diktaturen. Innsbruck/Wien/Bozen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35243-iberische-diktaturen_42439, veröffentlicht am 19.07.2012. Buch-Nr.: 42439 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken