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Hannes Heer

"Hitler war's" Die Befreiung der Deutschen von ihrer Vergangenheit

Berlin: Aufbau-Verlag 2005; 439 S.; geb., 24,90 €; ISBN 3-351-02601-3
„Wir leben heute im großen Zeitalter der historischen Mythologie“ (10), schreibt Heer, zumindest was die publikumswirksamen Bücher und Filme von Joachim Fest und Guido Knopp angehe. In der von ihnen inszenierten Form der biografischen Geschichtsschreibung werde die NS-Zeit zu einem Ort der Unterhaltung, einer „harmlosen Geisterbahn“ (10). Besonders im Film „Der Untergang“ (basierend auf Fests Hitler-Biografie) werde das Bestreben deutlich, die Deutschen wieder in eine Handvoll Schuldige und Millionen Schuldlose einzuteilen und damit die Mehrheit zu entlasten. Die meisten Anwesenden im Führerbunker würden ohne ihre belastende Vorgeschichte gezeigt, aus den Geschichtslosen würden Tatenlose, „ausgeliefert einem Geschick, dem sie nicht entrinnen können“ (18). Heer hält diesen Versuch, die Geschichte des Dritten Reiches auszulöschen, für einen dauerhaften Bestandteil in den Arbeiten von Fest. Auch in seinen Büchern über und mit Albert Speer (dem er wohl als Ghostwriter bei dessen Memoiren geholfen habe) werde Geschichte mit Schicksal verwechselt und gesellschaftliche Konflikte in persönliche Kabale verwandelt. So habe ein geschichtsblinder Joachim Fest den ehemaligen Rüstungsminister als „Prototyp der Entlastung“ (111) etabliert. Ähnlich kritisiert Heer auch die Arbeiten von Knopp, dessen Fernsehfilme über das Dritte Reich als „Naziwochenschau mit anderen Mitteln“ (181) und landesweite Selbsthilfegruppe angelegt seien. Diese stereotype Geschichtsdarstellung entspreche, ähnlich wie bei Fest, den unmittelbar nach Kriegsende etablierten Entlastungsmythen. Heer stellt Fests und Knopps Arbeiten so genannte Gegenreden gegenüber, wozu die Schriften Dietrich Bonhoeffers gehören sowie der Holocaust in Lemberg im Juni/Juli 1941: Täter und Opfer waren schon damals eindeutig zu benennen (siehe auch: Heer, „Vom Verschwinden der Täter“, ZPol-Nr. 24182 in ZPol 3/04: 1.055).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.35 | 2.312 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hannes Heer: "Hitler war's" Berlin: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/24775-hitler-wars_28634, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 28634 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken