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Hans-Peter Krüger

Heroismus und Arbeit in der Entstehung der Hegelschen Philosophie (1793-1806)

Berlin: Akademie Verlag 2014 (Hegel-Jahrbuch/Sonderband; Hegel-Forschungen); 315 S.; 79,95 €; ISBN 978-3-05-006268-6
Der Band enthält die – in Teilen aktualisierte – Dissertation des Autors, die dieser 1979 an der Humboldt Universität zu Berlin eingereicht hatte und die – wie er im Vorwort betont – keinen Beitrag zu einem „kompensatorischen Klassikerkult“ liefern will. Und in der Tat, das ist der Band nicht. Denn auch wenn zwischen dem Termin der Einreichung und der – erneuten – Publikation gut dreieinhalb Jahrzehnte und ein politischer Systemwechsel liegen, so ist die mit Blick auf Hegel diskutierte Frage nach dem Verhältnis von Politik, Ökonomie und Kultur keineswegs aus der Zeit gefallen, im Gegenteil. In Anlehnung an Lyotard unterstreicht Hans‑Peter Krüger, wie wichtig es für die Verfasstheit der Gegenwartsgesellschaften doch ist, den „Widerstreit der Diskursarten“ zu pflegen. Gelinge dies nicht, und in Krügers Gegenwartsdiagnostik deutet vieles darauf hin, dass es nicht gelingt, dann drohe die Moderne und mit ihr der Prozess der Modernisierung in jene „totalitären Scheinlösungen“ abzugleiten – die gegenwärtig etwa unter dem Label der Postdemokratie und des Neoliberalismus diskutiert werden. Wie es dazu kommen konnte, will Krüger aus Sicht der frühen Industrialisierung und mit Blick auf die vorphänomenologischen Schriften Hegels versuchen zu ergründen. Er schreibt, dass er sich in diesem Buch mit der Frage beschäftigen will, „wie es historisch möglich werden konnte, dass die Hegel‘sche Philosophie vor mehr als zwei Jahrhunderten eine moderne Problemlage entdeckt hat, in der wir uns doch [...] im Ganzen noch immer erkennen können“ (8). Was dann, nach kundiger und detailreicher Analyse nicht nur der Philosophie Hegels, sondern auch der Rückbezüge zu ihren Zeitgenossen und Interpreten – hier insbesondere Marx – zum Vorschein kommt, ist ein beeindruckender politischer Appell. Nur wenn es endlich gelinge, so Krüger, den Citoyen als Staatsbürger vom Bourgeois zu emanzipieren und damit eine öffentliche und zivile Gesellschaft als Ermöglichung eines neuen Politischen jenseits des Marktes zu etablieren, dann sei auch der ökonomische Totalitarismus der Gegenwart keine Bedrohung. Letztlich ist damit jeder Einzelne angesprochen, insofern in ihm oder ihr das Potenzial des Citoyens begründet liegt. Denn: „Geschichte zu machen wagen, aus historisch‑konkret noch nicht einsichtig werdenden Gründen, sich nicht einfach von ihr ins Mitlaufen stoßen zu lassen, darin besteht Hegels Lektion und die seines Freundeskreises.“ (13)
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.33 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Hans-Peter Krüger: Heroismus und Arbeit in der Entstehung der Hegelschen Philosophie (1793-1806) Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37271-heroismus-und-arbeit-in-der-entstehung-der-hegelschen-philosophie-1793-1806_45048, veröffentlicht am 10.07.2014. Buch-Nr.: 45048 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken