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Benjamin Opratko

Hegemonie. Politische Theorie nach Antonio Gramsci

Münster: Westfälisches Dampfboot 2012 (Einstiege 21); 219 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-89691-681-5
Die Hegemonie ist in der Politikwissenschaft mittlerweile ein Modebegriff und auch in anderen Disziplinen fest etabliert. Auffällig ist jedoch, dass selten begriffliche Klarheit vorherrscht und teilweise diametrale Positionen ganz unterschiedliche Zugänge zu diesem Konzept herstellen. Ausgehend von dieser Feststellung unternimmt der Autor eine Begriffsgenealogie, um die Vieldeutigkeit der Hegemonie im Anschluss an das gramscianische Werk auszuloten. Motiviert ist die Arbeit von der Suche nach einer Erklärung, wie sich der Kapitalismus als hegemoniales Projekt jenseits von Zwang und ideologischer Manipulation durchsetzen und auf die freiwillige Zustimmung der Subalternen zählen kann. Opratko beginnt seine theoretische Annäherung mit dem zeithistorischen Kontext und biografischen Informationen zum Urheber des Hegemoniebegriffs. Eine detaillierte Lektüre der Gefängnishefte liefert eine hervorragende Einführung in den bruchstückhaften und teilweise widersprüchlichen Gedankenkomplex von Antonio Gramsci. Im Anschluss rekonstruiert Opratko wesentliche Teile des post-gramscianischen Theoriegebäudes. Dazu gehören die Internationale Politische Ökonomie mit Autoren wie Cox und Gill, die Diskurstheorie von Laclau und Mouffe sowie der Kritische Realismus, dessen Verbindung zur Hegemonietheorie bis heute unzureichend aufgearbeitet ist. Die drei politisch-theoretischen Ansätze werden entlang der Analysedimensionen Struktur und Handeln, räumliche, zeitliche und sachliche Reichweite von Hegemonie sowie Subjekte bzw. Träger hegemonialer Strategien verglichen und diskutiert. Trotz der Komplexität und Verschiedenheit der Theorieprogramme gelingt es dem Autor in leicht zugänglicher und verständlicher Sprache, die Quintessenzen und Unzulänglichkeiten herauszuarbeiten. Opratko favorisiert den Terminus der „Verständigungsarbeit“ (187) für sein Vorgehen und vermeidet den Anspruch, die vorgestellten Ansätze zu einer allgemeingültigen Hegemonietheorie zu integrieren. Vielmehr nutzt er die Neu- und Umformulierungen des Begriffs in den unterschiedlichen Theoriesträngen zur Erarbeitung von Einsichten, hinter die eine kritische Hegemonietheorie nicht zurückfallen sollte.
Andreas Hetzer (AHE)
Diplom-Medienwirt, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Fach Politikwissenschaft, Universität Siegen.
Rubrizierung: 5.45 | 5.42 | 5.46 Empfohlene Zitierweise: Andreas Hetzer, Rezension zu: Benjamin Opratko: Hegemonie. Münster: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35170-hegemonie_42346, veröffentlicht am 16.08.2012. Buch-Nr.: 42346 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken