
Grundstrukturen der Politik in der Bundesrepublik Deutschland
Bei diesem Einführungswerk handelt es sich um die Überarbeitung eines 2007 am Institut für Politikwissenschaft der Fernuniversität Hagen erschienenen Studienbriefes. Als Lehrbuch wird es die Klassiker von Wolfgang Rudzio und Manfred G. Schmidt gut ergänzen. Positiv hervorzuheben ist die Einleitung, in der Michael Becker sehr verkürzt theoretische Grundfragen sowie einschlägige Ansätze darstellt, die zum Grundkanon der Analyse politischer Systeme zählen und in jeder Einführungsvorlesung zu diesem Thema problematisiert werden. Neben der Drei‑Elemente‑Lehre von Georg Jellinek thematisiert Becker in diesem Abschnitt so z. B. Arend Lijpharts Unterscheidung zwischen Konsens‑ und Mehrheitsdemokratie sowie den Homo sociologicus‑ beziehungsweise Homo oeconomicus‑Ansatz. Nebenbei verweist er auf Max Weber, David Easton und Talcott Parson. In der Darstellung werden unterschiedliche Betrachtungsebenen und Perspektiven berücksichtigt. Widmet sich Becker im zweiten Kapitel zunächst der historischen Entwicklung, problematisiert er im dritten Abschnitt die verfassungsrechtliche Dimension der Systemanalyse. Etwas eigenartig mutet an, dass der Abschnitt über „Organisationen und Verfahren gesellschaftlicher Willensbildung“ (83) dem Kapitel über die „Parlamentarische Demokratie in der Bundesrepublik“ (159) vorangestellt ist. Dies erweckt den Eindruck, dass den organisierten Interessengruppen ein stärkerer Einfluss im politischen System zukommt als dem Parlament, dem einzig direktdemokratisch legitimierten Souverän mit Alleinvertretungsanspruch für die gesamte Bevölkerung. Positiv hervorzuheben ist der ausführliche Abschnitt zur Verwaltungsorganisation, da das eigentliche Getriebe, das das politische System am Laufen hält, oft nicht hinreichend gewürdigt wird. Etwas misslich ist, dass Becker immer wieder die Abkürzung BRD – ein Relikt aus Zeiten der deutsch‑deutschen Teilung – verwendet. Das Los von Einführungswerken dieser Art, dass die in ihnen verwendeten Daten und Fakten oft schon bei Erscheinen etwas antiquiert sind, trifft auch auf so manche der Zahlenaufstellungen bei Becker zu, die zum Teil nur bis 2008 reichen. Insgesamt bietet der Autor jedoch einen guten und abwägenden Gesamtüberblick über die einzelnen Säulen des politischen Systems der Bundesrepublik, womit sich das Buch auch für Nicht‑Studierende zum kurzen Nachschlagen eignet.