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Zaal Andronikashvili / Sigrid Weigel (Hrsg.)

Grundordnungen. Geographie, Religion und Gesetz

Berlin: Kulturverlag Kadmos 2013 (LiteraturForschung 14); 284 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-86599-152-2
Mit Blick auf das Europa nach 1989 thematisieren die Autorinnen und Autoren in diesem Band aus kulturwissenschaftlicher Perspektive die Konturen einer europäischen Grundordnung. Jenseits einer verengten juridisch‑politischen Vorstellung von Grundordnung, die sich beispielsweise als Verfassung beschreiben lässt, rücken mit kulturellen, religiösen oder auch sprachlichen Zusammenhängen weitere gemeinschaftsstiftende Praktiken in den Fokus. Juridisch‑politische und – im weiteren Sinne – kulturelle Bestandteile stützen einander im Prozess der Etablierung und Aufrechterhaltung einer Verfassung gegenseitig. Vor diesem Hintergrund fragt Thomas Macho nach der Logik von Grenzziehungen, die, wie er mit Blick auf Spinoza festhält, als Einschließungen immer auch Ausschließungen seien. Nachdem 1989 der Eiserne Vorhang gefallen und der um die Frage nach einer gemeinsamen europäischen Identität kreisende Verfassungsprozess – vorerst – gescheitert sei, ist Macho skeptisch, was die Verfasstheit der gegenwärtigen europäischen Grundordnung anbelangt: Es gebe gegenwärtig „keine Grenze, die es sich zu überschreiten lohnt“ (179). Stefan Troebst thematisiert die sich wandelnden Konturen des Raumes, der mal als „Zwischeneuropa“ (213), mal als Ostmitteleuropa bezeichnet wird. Anstelle einer weiteren Definition dieses Raumes geht es Troebst um die Rekonstruktion der Bedingungen, die zu einer raschen Ablösung und wechselseitigen Überlappung verschiedener Ordnungen im fraglichen Raum geführt haben. Um sie zu beschreiben, verwendet er den Begriff eines pulsierenden Europas, was wiederum den dynamischen Charakter der Grundordnung unterstreicht. Diese wird – auch das wäre eine weitere Begriffsdimension – zum Fundament einer sich in verschiedenen Ausformungen konkretisierenden Praxis von Gemeinschaft. Auch wenn viele der Beiträge einen starken sprach‑, kultur‑ oder auch geschichtswissenschaftlichen Fokus haben, so können sie sicher politikwissenschaftliche Analysen zur aktuellen Verfasstheit europäischer Identitäten bereichern.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.612.22.212.232.632.3112.3152.35 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Zaal Andronikashvili / Sigrid Weigel (Hrsg.): Grundordnungen. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37480-grundordnungen_43513, veröffentlicht am 04.09.2014. Buch-Nr.: 43513 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken