Für das Feld des Politischen ist Gewalt wenn nicht ein konstitutives, so doch ein notwendiges Element, das theoretisch reflektiert werden muss, soll Gewalt praktisch begrenzt werden. In der Geschichte politischer Theorie ist dieser Zusammenhang typischerweise so aufgegriffen worden, dass die Idee politischer Ordnung normativ den Ausgangspunkt bildet. Mit der Unterscheidung von legitimer und illegitimer Gewalt wird dann eine Grenze zwischen gesellschaftlich verträglicher, weil rechtsstaatlich konformer und unverträglicher Gewalt gezogen. Allerdings – das ist die Ausgangsthese des Autors – führt diese Verknüpfung von politischer Philosophie mit der Idee legitimer Ordnung in die Schwierigkeit, dass Theorie blind wird für die Gewaltförmigkeit auch des rechtsstaatlichen Gewaltmonopols. Dann würde sie jedoch in bestimmten Konfliktsituationen den Einsatz von Gewalt selbst eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich machen. An Carl Schmitt und Jürgen Habermas – zwei gewiss gegensätzlichen Exponenten politischer Theorie – expliziert der Autor mit durchaus polemischer Absicht Spielarten eines politischen Reduktionismus, der in dem einen Fall als politische Theologie, in dem anderen Fall als Identität von Rechtsstaatstheorie und politischer Philosophie erscheint. Anhand der Machtanalytik von Foucault und der philosophischen Anthropologie des Politischen von Helmuth Plessner entwirft Richter demgegenüber ein Modell des politischen Handelns, das die Unbestimmtheit menschlicher Subjektivität in den Mittelpunkt stellt. So erscheint das Politische als Ort, der – jenseits vorgängiger Identitätspostulate – eher durch die Verschränkung von Ordnung und Unordnung, von Bestimmtheit und Kontingenz zu charakterisieren wäre.