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Jörgen Klußmann / Muhammed Sameer Murtaza / Holger-C. Rohne / Yahya Wardak (Hrsg.)

Gewaltfreiheit, Politik und Toleranz im Islam

Wiesbaden: Springer VS 2016; 154 S.; softc., 24,99 €; ISBN 978-3-658-10486-3
Dieser Band enthält eine Reihe von Artikeln, die islamischen Positionen zu Gewaltfreiheit, Toleranz und Fortschrittsglauben sowie deren Protagonisten gewidmet ist. Den Autoren geht es explizit darum, ein Gegenbild zur aktuellen – medial unterstützten – Verbindung von Islam und Terrorismus zu entwerfen. Sie behandeln dabei Themen wie den Inhalt der prophetischen Sendung Muhammads, das Konzept des islamischen Rechts, Fragen nach dem politischen System und religiöser Toleranz im Islam und die innerislamischen Diskurse um Gewaltfreiheit. Jörgen Klußmann folgt in seinem Aufsatz über die Prophetie Muhammads unkritisch der islamischen Überlieferung, ohne wichtige zeitgenössische Kritiken zu nennen. So schreibt er beispielsweise: „Ein Selbstmordanschlag [...] wäre unter gar keinen Umständen eine denkbare Option für den Propheten gewesen! Denn nur Gott allein entscheidet über Leben und Tod.“ (14) Damit ignoriert er die Tatsache, dass, auch gemäß der islamischen Tradition, Muhammad ununterbrochen über Leben und Tod entschied und zudem Mordkommandos aussandte, um politische Gegner zum Schweigen zu bringen. Muhammed Sameer Murtaza beschreibt kurz, knapp und gut die Entwicklung des islamischen Rechts und Jörgen Klußmann erläutert in einem weiteren Beitrag anschaulich, warum der Islam, aufgrund seiner frühen Zersplitterung, nie ein einheitliches Regierungssystem entwickelt hat. Murtaza geht außerdem auf das Spannungsfeld von Religion und Toleranz sowie Demokratie im Islam ein und betrachtet diese Fragen sehr erhellend auch aus einem Blickwinkel der vergleichenden Philosophie. Eher praxisorientiert ist der Aufsatz von Holger‑C. Rohne, der mit der Sulha eine traditionelle Form der friedlichen Konfliktbeilegung vorstellt. Die letzten beiden Aufsätze behandeln zwei nachklassische Beispiele von islamischen Konzepten der Gewaltlosigkeit anhand der Denker Jawdat Said und Abdul Ghaffar Khan. Aufgrund der Intention der Autoren, einen anderen Islam darzustellen, ist der Gesamtzuschnitt des Bandes auf dieses Ziel hin ausgerichtet und entsprechend unausgewogen. Gerade bei der Frage nach Motiven und Verhaltensweisen des islamischen Propheten oder nach islamischen Gewaltdiskursen werden kritische Positionen ausgeblendet. Andererseits finden diese ausreichend in anderen Werken Berücksichtigung. Vor diesem Hintergrund ist das Buch als zusätzliche Lektüre hilfreich, um das Bild des komplexen Themenfeldes „Islam“ abzurunden.
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Rubrizierung: 2.235.34 Empfohlene Zitierweise: Michael Rohschürmann, Rezension zu: Jörgen Klußmann / Muhammed Sameer Murtaza / Holger-C. Rohne / Yahya Wardak (Hrsg.): Gewaltfreiheit, Politik und Toleranz im Islam Wiesbaden: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39549-gewaltfreiheit-politik-und-toleranz-im-islam_48128, veröffentlicht am 17.03.2016. Buch-Nr.: 48128 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken