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Gender Initiativkolleg (Hrsg.)

Gewalt und Handlungsmacht. Queer_Feministische Perspektiven

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2012 (Politik der Geschlechterverhältnisse 51); 300 S.; kart., 34,90 €; ISBN 978-3-593-39781-8
„Theoretische Ansätze haben sich […] immer auch an den Optionen zu messen, die sie für gesellschaftliche Veränderung bereitstellen.“ (21) – Diesen praxisorientierten Leitsatz stellt das (mit diesem Band abgeschlossene) Gender Initiativkolleg der Universität Wien seiner programmatischen Aufsatzsammlung über Gewalt und Handlungsmacht voran. Kernthema des Bandes ist die Weiterentwicklung der Theorie des Intersektionalismus: Offenbar erweist sich eine eindimensionale Theorie über Frauen als Opfer von Gewalt mit eingeschränkter Handlungsmacht als unzureichend, denn Menschen sind je nach ihrer spezifischen Umwelt ganz verschiedenen Formen von Gewalt ausgesetzt und mit ganz unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten ausgestattet. So ist zum Beispiel die akademische Reputation weißer Gender‑Studies‑Professorinnen sehr verschieden von der prekären (Un‑)Sichtbarkeit der „feminists of color“ (53). Deshalb stellt sich die Herausforderung, diese unterschiedlichen Formen von Gewalt (also beispielsweise epistemische, psychische, strukturelle) und Macht(‑losigkeit) theoretisch in eine sinnvolle Verbindung zu setzen, um sie politisch effektiv zu bekämpfen. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf der Verbindung von vergeschlechtlichter Gewalt und kulturellem Hintergrund – zu verstehen als Kritik des europäischen Rassismus, der sich eher am kulturell Fremden als an der Hautfarbe orientiert. Die neben Rasse zweite klassische Kategorie für den Intersektionalismus, Klasse, wird dagegen nur vereinzelt behandelt. Umso deutlicher ausgearbeitet sind dafür die Anschlüsse an die Queer‑Theorie. Alle Beiträge kommen zu konkreten Schlussfolgerungen, wie mit ihren jeweiligen Themenkomplexen am besten weiter zu verfahren sei. Besonders bemerkenswert ist hier der Aufsatz von Jennifer Pretzen, die von ihren Kolleginnen und Kollegen mit Nachdruck mehr praktischen Einsatz einfordert und dabei auch innerfeministische Abwehrreflexe entwaffnet. Insgesamt handelt es sich um einen sehr zugänglichen Sammelband mit viel inhaltlicher Substanz und ohne unnötigen theoretischen Leseballast.
Florian Geisler (FG)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 2.27 | 2.23 | 2.4 | 2.263 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Florian Geisler, Rezension zu: Gender Initiativkolleg (Hrsg.): Gewalt und Handlungsmacht. Frankfurt a. M./New York: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36469-gewalt-und-handlungsmacht_43410, veröffentlicht am 05.12.2013. Buch-Nr.: 43410 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken