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Andreas Göttlich

Geteilte Moral. Die westliche Wertegemeinschaft und der Streit um den Dritten Golfkrieg

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2012; 374 S.; kart., 39,90 €; ISBN 978-3-593-39666-8
Der Autor möchte auf rekonstruktive Weise erklären, warum es trotz eines angeblichen westlichen Wertekonsenses einen bis heute andauernden Streit über die moralische Legitimität des dritten Golfkrieges gibt. Er selbst enthält sich eines moralischen Urteils über dessen moralische Legitimität und beobachtet beziehungsweise analysiert stattdessen nur verschiedene moralische Diskussionen und deren Genese. Entscheidend sei, den sozialen Kontext, aus dem die moralischen Urteile gebildet und von dem sie gemäß dem in der Arbeit verfolgten wissenssoziologischen Ansatz abhängig sind, herauszuarbeiten. Im Fokus der Studie stehen Akteure der US-amerikanischen und britischen Regierung als Kriegsbefürworter und die deutschen Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche als Kriegsgegner, wodurch sowohl ein Kontrast hinsichtlich der Standpunkte hergestellt wird als auch unterschiedliche kulturelle Kontexte analysiert werden. Im empirischen Teil unternimmt der Autor zunächst eine Relevanzanalyse der Dokumente, die er auf den jeweiligen Internetseiten der genannten Akteure ausgesucht hat. Auf dieser Grundlage werden die jeweiligen Perspektiven der Akteure aufgezeigt, bevor in einem hermeneutischen Teil die unterschiedlichen Deutungsmuster der vier Akteure herausgearbeitet werden. In dem abschließenden theoretischen Kapitel werden die Standpunkte dann einer Erklärung zugeführt. Dazu wird gemäß der theoretischen Vorannahmen auf die sozialstrukturellen Einflussfaktoren verwiesen. Der Autor sieht dabei die Regierungen und die Kirchen in der Rolle als „moralische Unternehmer“ (249), die um Zustimmung für ihre Position innerhalb der Bevölkerungen werben. Zentral dafür sei es, den eigenen Standpunkt als einen universalen zu präsentieren. Zugleich zeigt der Autor auf, wie stark die jeweiligen Ansichten von dem spezifischen Kontext bestimmt sind, einmal von der weltlichen Perspektive eines militärischen Humanismus der Kriegsbefürworter, und ein anderes Mal von der religiösen Sicht der christlichen Nächstenliebe der Kriegsgegner. Die beiden unterschiedlichen Positionen entstehen also vor dem Hintergrund eines differenten moralischen Fundaments, das hinsichtlich der Frage, inwieweit hier ein moralischer Konsens überhaupt möglich sei, den Autor skeptisch werden lässt.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.1 | 4.41 | 2.63 | 2.64 | 2.61 | 4.2 | 2.23 | 2.35 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Andreas Göttlich: Geteilte Moral. Frankfurt a. M./New York: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35077-geteilte-moral_42218, veröffentlicht am 14.06.2012. Buch-Nr.: 42218 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken