
Geschlecht, Migrationshintergrund und Bildungserfolg
In soziologischen Untersuchungen über Benachteiligungen im Bildungssystem geht es um die Frage, ob askriptive Merkmale wie soziale Herkunft, Geschlecht oder Migrationshintergrund einen (unzulässigen) Einfluss auf Bildungserfolge haben. Dass dabei in vielen Studien nur eine Ungleichheitsdimension berücksichtigt wird, setzt mindestens implizit eine relativ hohe Homogenität der jeweiligen Gruppe voraus. Weil heute von einer derartigen Homogenität weder bei den Personen mit Migrationshintergrund noch bei den Frauen auszugehen ist, bringt das Herausgeberduo dieses Sammelbandes demgegenüber in der Auseinandersetzung mit Bildungsungleichheiten den sogenannten Intersektionalitätsansatz zur Geltung. Mit Intersektionalität sind – dabei Überlegungen feministischer Perspektiven in den Sozialwissenschaften aufgreifend – Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen sozialen Ungleichheiten und kulturellen Differenzen gemeint, wobei sich die Faktoren in ihren diskriminierenden Effekten gegenseitig verstärken oder abschwächen können. Thematisch konzentriert sich der Band auf „Geschlechterunterschiede im Bildungserfolg bei Personen mit und ohne Migrationshintergrund“ (26). Die Autor_innen verfolgen diese Zusammenhänge in explizit empirischer Ausrichtung in den verschiedenen Phasen des Bildungsverlaufs: vorschulische Bildung, Primarschule, Sekundarschule, Berufsbildung und Hochschulbildung. Neben dem theoretischen Anspruch, ungleichheitsrelevante Faktoren nicht mehr additiv, sondern parallel zu betrachten und dabei die Mechanismen zu verdeutlichen, die den jeweiligen Benachteiligungen zugrunde liegen, unterstreicht der Band die methodische Bedeutung einer Untersuchung von Referenzgruppen. Gerade in der quantitativen Analyse von Intersektionalität sehen die Autorinnen und Autoren ein wichtiges Forschungsdesiderat, das mit dem Sammelband bedient wird.