Zwar spricht heute niemand mehr von der Abschaffung der Nachrichtendienste, wie sie kurz nach Ende des Ost-West-Konflikts diskutiert wurde, doch hat sich mit den sicherheitspolitischen Transformationen der vergangenen Jahre und den veränderten Interessen- und Problemlagen auch die Bedeutung der Geheimdienste in Europa gewandelt. Die Herausgeber wollen zu einer vertiefenden Diskussion über Funktion und Organisation der Nachrichtendienste in Europa anregen. Mit den sechs überblicksartigen Länderstudien im ersten Teil (Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Polen) werden die unterschiedlichen Organisationsstrukturen und bürokratischen Kulturen deutlich, die bei einer stärkeren Zusammenarbeit der Dienste eine Herausforderung darstellen. Als Auswirkungen der Transnationalisierungsprozesse werden – insbesondere für Deutschland – die Verschränkung von polizeilichen und nachrichtendienstlichen Aufgaben, das Verschwimmen der Trennlinie zwischen innerer und äußerer Sicherheit sowie die Internationalisierung der Strafverfolgungsbehörden problematisiert. Die Frage nach der stärkeren Kooperation oder gar Integration auf europäischer Ebene ist das Thema des zweiten Teils. Hier finden sich Argumente für beide Optionen. Beispielsweise schlägt Jürgen Storbeck in seinem Beitrag über die Voraussetzungen einer besseren europäischen Zusammenarbeit die Schaffung europäischer Einrichtungen vor und Manfred Murck plädiert für eine Einbindung der Verfassungsschutzbehörden in die EU-Verträge, um der Gefahr einer weiteren Ausdehnung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit entgegenzuwirken. Demgegenüber setzt Martin Scheren auf „Kooperation statt Integration innerhalb der EU“ (180) und fordert außerdem eine größere Transparenz. Im dritten Teil schließlich geht es um allgemeine und konkrete Anforderungen an die Kontrolle der Geheimdienste. Der Band ist das Ergebnis einer im April 2008 vom „Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland“ und der Friedrich-Ebert-Stiftung abgehaltenen Konferenz.