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Tim Szatkowski

Gaddafis Libyen und die Bundesrepublik Deutschland 1969 bis 1982

München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2013 (Zeitgeschichte im Gespräch 15); 133 S.; 16,80 €; ISBN 978-3-486-71870-6
Dass Deutschland sich 2011 bei einer Resolution des UN‑Sicherheitsrates, die zu einer militärischen Intervention in Libyen berechtigte, enthielt, reiht sich geradezu konsequent in das Bild ein, das Tim Szatkowski in dieser Studie von den Beziehungen zwischen Deutschland und Libyen von 1969 bis 1982 zeichnet. Basierend auf jetzt erst freigegebenen Akten des Auswärtigen Amtes untersucht der Autor, wie sich die engen Beziehungen Deutschlands unter den SPD‑Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt sowie den FDP‑Außenministern Walter Scheel und Hans‑Dietrich Genscher zu Libyen als einem schon damals erkennbaren Unrechtsregime entwickelten, welche Motive vorlagen und welche Folgen dadurch entstanden sind. Durch die Analyse dreier chronologisch angeordneter Phasen kommt Szatkowski zu dem Ergebnis, dass die Beziehungen zunächst in den größeren Rahmen der Friedenssicherung in Europa sowie der Überwindung der deutschen Teilung eingebettet waren. Ziel sei es dabei auch gewesen, Gaddafi von einer Intensivierung der Beziehungen zur UdSSR abzuhalten. Nicht zuletzt mit dieser Intention, so der Autor, habe sich ein Austausch mit Libyen trotz schwerer Menschenrechtsverletzungen durch das Regime rechtfertigen lassen. Als diese Deutschlandpolitik mit den Ostverträgen spätestens 1973 ihr Ende gefunden habe, seien neben den sicherheitspolitischen Interessen vor allem handels‑ und entwicklungspolitische Ziele in den Vordergrund gerückt. Das „praktisch uneingeschränkte“ (127) Prinzip habe dabei gelautet, Handel und Politik soweit wie möglich voneinander zu trennen. In den Wirtschaftsbeziehungen sei für die deutsche Seite dabei insbesondere der Ölimport von Bedeutung gewesen. So habe sich eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung des Handels ergeben, die unbeeinflusst von der zweifelhaften Politik Libyens geblieben sei. Allerdings sei es Deutschland gelungen, auf der Basis dieser engen Wirtschaftsbeziehungen etwa Einfluss auf die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu nehmen – Gaddafi habe nicht zuletzt unter deutschem Einfluss ab 1979 zumindest den Geiselnahmen abgeschworen. Am Ende bleibt nach Ansicht von Szatkowski insgesamt ein „ungutes Gefühl“ (132) angesichts der Beziehungen zu Libyen zurück, da Deutschlands Haltung wohl auch den Machtapparat Gaddafis gestützt und Gewaltexzesse ermöglicht habe.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.2 | 4.21 | 4.22 | 2.67 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Tim Szatkowski: Gaddafis Libyen und die Bundesrepublik Deutschland 1969 bis 1982 München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36168-gaddafis-libyen-und-die-bundesrepublik-deutschland-1969-bis-1982_43979, veröffentlicht am 12.09.2013. Buch-Nr.: 43979 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken