Rechtswiss. Diss. Bielefeld; Erstgutachter: C. Vedder. - Die Charta der Vereinten Nationen hat die Hauptverantwortung für den Weltfrieden in die Hände des Sicherheitsrates gelegt. Die systematische Blockade der Entscheidungsfindung während des Ost-West-Konflikts hat den Sicherheitsrat und somit die VN weitgehend paralysiert, während die wechselseitige militärische Bedrohung die Entstehung regionaler Sicherheitsbündnisse begünstigte. Obwohl nach dem Ende des Kalten Krieges der Sicherheitsrat prinzipiell wieder handlungsfähig geworden ist, konnten die logistisch überforderten VN auf dem Gebiet der Friedenssicherung ihre Aufgaben nur unzureichend erfüllen. Nach Kapitel VIII der UN-Charta können regionale Organisationen dezentral die Aufgabe der Friedenssicherung treuhänderisch übernehmen. Diese Option bildet den Untersuchungsgegenstand von Kühnes Arbeit. Er prüft im ersten Teil seines Werkes den Anwendungsbereich des Kapitels VIII der Charta und behandelt im Anschluß Handlungsmöglichkeiten regionaler Akteure. Im dritten Teil untersucht Kühne, welche der europäischen Staatenverbindungen (OSZE, EU, NATO, WEU und GUS) in den Anwendungsbereich des Kapitels VIII fallen und ob ihre rechtlichen Grundlagen eine Basis für die Wahrnehmung von Aufgaben der Friedenssicherung bieten. Da die Arbeit im Sommer 1996 abgeschlossen wurde, äußert sich der Autor nicht zu den Veränderungen der Friedenssicherung seit Beginn des Kosovo-Krieges. Die Warnung vor den Risiken einer Selbstermächtigung regionaler Institutionen zu militärischen Zwangsmaßnahmen im Schlußkapitel scheint jedoch auf schwerwiegende Zweifel an der Legitimität von Zwangsmaßnahmen hinzuweisen, die nicht durch den Sicherheitsrat autorisierter worden sind: "Der Sicherheitsrat darf seine Hauptverantwortung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit nicht gänzlich aus der Hand geben." (235)