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Rolf Gröschner / Oliver W. Lembcke (Hrsg.)

Freistaatlichkeit. Prinzipien eines europäischen Republikanismus

Tübingen: Mohr Siebeck 2011 (Politika 6); VIII, 367 S.; brosch., 49,- €; ISBN 978-3-16-150982-7
Der Anlass für die Publikation ist ein vor allem in der Staatsrechtslehre bestehendes Defizit im Republikanismusverständnis, das das Prinzip der Republik auf ein Verbot der Monarchie reduziert. Nach Ansicht der Herausgeber wird mit solch einer Definition dem Prinzip jedoch jeglicher politischer Gehalt genommen. Insofern sollen die Beiträge an eine in der internationalen Forschung breit geführte Debatte über das Verständnis des Republikanismus anschließen und so den „Geist des Republikanismus“ (V) mit dem Ziel erfassen, „den spätmittelalterlichen Formdualismus von Monarchie und Republik zu verabschieden und einer transdisziplinär überzeugenden Antwort auf die Frage europäischer Freistaatlichkeit vorzuarbeiten“ (VI). Dafür wurden 13 Artikel von Vertretern der Politikwissenschaft und der Staatsrechtslehre in den Band aufgenommen, von denen sieben aus einer staatswissenschaftlichen Tagung 2008 in Jena hervorgegangen sind. Die restlichen sechs Artikel sind Originalbeiträge. Zum Erreichen des Zieles wird der Bogen thematisch sehr weit gespannt: Er reicht von ideengeschichtlichen Texten über die normativen Fragen der Legitimität der Republik und dem republikanischen Amtsverständnis über die Frage einer wehrhaften Republik bis hin zu der Diskussion, ob die Europäische Union als republikanische Ordnung verstanden werden kann. Das Herausgreifen dreier Artikel erfolgt an dieser Stelle nicht, weil die anderen Beiträge weniger lesenswert wären, sondern weil sie für das Republikanismusverständnis von grundlegender Natur sind. Der Aufsatz von Hans Buchheim überwindet das reduzierte staatsrechtliche Denken mit einer ideengeschichtlichen Entwicklung des Prinzips des Republikanismus, indem nachgezeichnet wird, wie Aristoteles’ Verständnis der Republik als öffentliches Leben und Regieren unter Freien und Gleichen sich in einem neuzeitlich-republikanischen Staatsdenken entwickelt hat. Marcus Llanque schildert den deutschen republikanischen Freiheitsdiskurs in den Jahren 1793 bis 1933 und kommt zu dem Schluss, dass sich die republikanische Freiheitsidee während dieser Zeit nicht wirklich habe etablieren können, da die „Erfahrung einer geglückten Gründungssituation kollektiver Freiheit“ (67) gefehlt habe. Aus einer dezidiert normativen Perspektive beschreibt Emanuel Richter vier Stufen von republikanischen Legitimationsformen, bei der auf der vierten Stufe aus dem Republikanismus eine Theorie der Demokratie wird, die auf starken anthropologischen Annahmen beruht. Insgesamt besticht der Sammelband durch sehr interessante und anspruchsvolle Texte.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.41 | 3.1 | 2.31 | 2.32 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Rolf Gröschner / Oliver W. Lembcke (Hrsg.): Freistaatlichkeit. Tübingen: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34636-freistaatlichkeit_41621, veröffentlicht am 22.03.2012. Buch-Nr.: 41621 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken