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Annette Huland

Frauenhandel in Deutschland. Im Spannungsfeld von Abschiebungspolitik und Prostitution

Marburg: Tectum Verlag 2012; 408 S.; pb., 34,90 €; ISBN 978-3-8288-3027-1
Sozialwiss. Diss. Leipzig; Begutachtung: K.‑G. Giesen. – Der Diskurs über den Frauenhandel, insbesondere der zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, steht im Blickpunkt der Arbeit. Zwar konzentriert sich Annette Huland dabei auf Deutschland, berücksichtigt aber auch den europäischen und internationalen Kontext, indem sie Primärquellen der EU, der Vereinten Nationen (VN) und des Europarates sowie von NGOs auswertet. So widmet sie sich dem von den VN verabschiedeten Palermo‑Protokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, in dem sich die Staatengemeinschaft erstmals auf eine „einheitliche, weltweit gültige und völkerrechtlich bindende Definition“ (281) geeinigt hatte. Das Protokoll erweitert bisherige Menschenhandelsdefinitionen, die zuvor hauptsächlich auf Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zielten, auf weitere Ausbeutungsformen und geht nach Meinung der Autorin über bisherige europäische und nationale Maßgaben hinaus. In Umsetzung des Palermo‑Protokolls sei im deutschen Strafrecht der Straftatbestand Menschenhandel um den Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft erweitert worden, was die Autorin zwar einerseits als positiv bewertet, andererseits werde dadurch die Sichtbarmachung des Frauenhandels erschwert. Trotz vieler Bemühungen seien bislang kaum Verbesserungen zur Eindämmung des Menschenhandels zu verbuchen. Als ursächlich hierfür sieht Huland einige Lücken, die eine Instrumentalisierung des Frauenhandelsdiskurses begünstigten, aber die Bekämpfung des Frauenhandels erschwerten. Sie blickt auf die dahinter stehenden Interessenkonflikte, insbesondere in den Bereichen der Prostitutionsregulierung sowie der Ausländer‑ und Abschiebungspolitik. So sehe das Palermo‑Protokoll die Rückführung der Opfer des Menschenhandels vor, sie gelte „als adäquate Maßnahme gegen Menschenhandel“. Dabei werde jedoch die Gefährdungslage der Frauen außer Acht gelassen, die für sie im Falle einer Rückkehr entstehen können. Die Rückführung diene tatsächlich „der Inszenierung und Wiederherstellung staatlicher Macht“ und bekämpfe nicht die Menschenrechtsverletzung, sondern die „Grenzverletzung“ (225). Daher sei die Schaffung legaler und fairer Migrations‑ sowie Arbeitsbedingungen eine wesentliche Voraussetzung für die „Ermächtigung potenziell betroffener Frauen“ (231). Menschenrechte dürften nicht an Grenzen lokaler Märkte enden und aufgegeben werden.
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Rubrizierung: 4.424.14.33.52.272.222.3432.36 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Annette Huland: Frauenhandel in Deutschland. Marburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38429-frauenhandel-in-deutschland_44904, veröffentlicht am 21.05.2015. Buch-Nr.: 44904 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken