Vor einigen Jahren hat der Schweizer Journalist Kurt Siegenthaler auf der Grundlage seiner beruflichen Erfahrungen die These formuliert, dass Frauen im politischen Kontext lösungsorientierter und parteiunabhängiger agieren. Diese These soll in diesem Buch „hinterfragt, bestätigt oder korrigiert werden“ (12). Dafür lässt der Autor mehrere erfolgreiche Schweizer Politikerinnen, eine Geschäftsführerin und zwei Politiker vorrangig in Interviews zu Wort kommen. In den Gesprächen konfrontiert er sie unter anderem mit der von Atomkraftbefürwortern vertretenen Auffassung, dass der nach Fukushima beschlossene Atomausstieg ein emotionaler Schnellschuss der Frauenmehrheit im Bundesrat gewesen sei. Maya Graf, die erste grüne Nationalratspräsidentin, findet diese Behauptung „lächerlich“ und fügt hinzu: „Wahrscheinlich sind das die Sorte Männer, die noch nicht begriffen haben, dass wir zum Glück im 21. Jahrhundert leben.“ (103) Toni Bortoluzzi, SVP‑Nationalrat, beurteilt den politischen Beschluss deutlich anders: „[e]in typischer Frauenentscheid, von linker Ideologie begleitet und damit eine Mehrheit erreichend“ (108). Einige der vorgestellten Personen werden ebenfalls nach der eingangs von Siegenthaler aufgestellten These befragt. Auch hierzu fallen die Antworten unterschiedlich aus: Während Maya Graf der Einschätzung des Autors zustimmt, meint Pascale Bruderer Wyss, SP‑Ständerätin aus dem Kanton Aargau: „Das scheint mir eher eine Frage des Charakters, der Einstellung und der Ansprüche an sich selber zu sein – und weniger eine Frage des Geschlechts“ (62). Siegenthaler stellt politisch aktive, erfolgreiche und durchsetzungsstarke Schweizerinnen vor. Dass er seine These mit dieser Publikation tatsächlich hinterfragen, bestätigen oder korrigieren konnte, bleibt allerdings fraglich, denn erstens kommt er darauf am Schluss nicht mehr zurück und zweitens kann weder von einem repräsentativen Querschnitt noch von einer wissenschaftlichen Standards genügenden Darstellung gesprochen werden. Dennoch – oder gerade deshalb – ist Siegenthalers Hochachtung und Respekt vor den vorgestellten Frauen und ihrem politischen Engagement auf jeder Seite zu spüren.