Der Fall der Berliner Mauer und die EU-Osterweiterung haben gewohnte Beziehungsmuster zwischen den alten EU-Mitgliedstaaten verändert. Vor diesem Hintergrund bieten die Autoren eine Bestandsaufnahme verschiedener Aspekte der gegenwärtigen deutsch-französischen Beziehungen. Beate Gödde-Baumanns analysiert den tief greifenden Wandel der deutsch-französischer Beziehungen anhand politischer Karikaturen. Diese waren noch bis in die frühen 50er-Jahre von einem starken Antagonismus geprägt. Gögge-Baumanns stellt fest, dass die alten Stereotype noch lange im kollektiven Gedächtnis gespeichert blieben und in der Karikatur ihren Ausdruck fanden, obwohl sich tragfähige Beziehungen zwischen den beiden Ländern entwickelten. Für die vergangenen 25 Jahre nimmt sie eine erstaunliche Symbiose aus alten Erinnerungen und neuer Realität wahr. In der Gegenwart beobachtet sie eine Verdrängung alter Stereotypen durch die geänderte Realität der deutsch-französischen Beziehungen. Ein Beispiel hierfür ist die Karikatur eines jungen deutschen Soldaten, der auf die Vorbehalte eines alten Mannes gegen die Stationierung des deutsch-französischen Kontingents in der Nähe von Straßburg mit vollkommenem Unverständnis reagiert. Hélène Miard-Delacroix beobachtet seit den 50er-Jahren ein Paradoxon in der deutsch-französischen Kooperation. Diese werde auf einer übergeordneten Ebene als Grundvoraussetzung für jeglichen Fortschritt erachtet, während sie in der Praxis aus einem kolossalen Kraftakt bestehe. Die Autorin verweist in diesem Zusammenhang auf die Wirtschaftspolitik, aber auch in der Energiepolitik sind die fundamentalen Gegensätze zwischen Frankreichs Präferenz für Atomstrom und Deutschlands Fable für erneuerbare Energien bekannt.