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Deutsch-Französisches Institut (Hrsg.)

Frankreich Jahrbuch 2006. Politik und Kommunikation. Redaktion: Wolfram Vogel

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2007; 372 S.; brosch., 44,90 €; ISBN 978-3-531-15354-4
Auch in diesem Jahrbuch der seit 1988 erscheinenden Reihe vermitteln die Autoren das Hintergrundwissen zu aktuellen Ereignissen in Frankreich in den Bereichen Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. Positiv hervorzuheben ist, dass diese Bereiche miteinander verknüpft und so Zusammenhänge hergestellt werden. Eines der lesenswerten Beispiele dafür ist gleich der erste Beitrag von Hüser, in dem er die Vorstadt-Krawalle mit ihren historischen Voraussetzungen verbindet. Dabei begründet er nicht nur, dass es sich bei diesen Unruhen vor allem um einen Ausdruck der sozialen Schieflage handelt. Hüser zeigt auch auf, dass diese auf den ersten Blick vielleicht unpolitischen Krawalle – es gab weder Parolen noch eine Führung – nicht nur auf eine defizitäre Dialogkultur verweisen, sondern in einer französischen Tradition von sprachloser Gewalt stehen, die an sich ein Mittel der politischen Kommunikation darstellt. Und tatsächlich hat der Premierminister im November und Dezember 2005 „eine ganze Palette staatlicher Maßnahmen zugunsten schwieriger Vorstadtviertel kundgetan“ (17). Diese im Gegensatz zu Deutschland doch (teilweise) anderen politischen Ausdrucksformen greift auch Hartmann auf, am Beispiel der Darstellung des Staatsoberhauptes auf Fotografien: Während der deutsche Bundespräsident als Typ „des hoch geachteten Großvaters“ (138) erscheint, lässt sich ein französischer Präsident stets bedeutungsschwer vor Büchern oder Fahnen ablichten. Verbindendes Thema der Beiträge insgesamt ist der Zusammenhang von Politik und Kommunikation. An die theoretischen Überlegungen von Charaudeau schließen sich entsprechende weitere Beiträge an, etwa von Sarcinelli, der bestreitet, dass gegenwärtig ein Wandel von der Parteien- zur Mediendemokratie stattfindet. Dargestellt werden ferner u .a. die Regierungskommunikation in bester höfischer Tradition, die Probleme der ökonomisch schwachen Presse im Hinblick auf einen investigativen Journalismus sowie die Schwierigkeiten, die sich aus dem 1819 gesetzlich sanktionierten Verleumdungsdelikt für die demokratische Meinungsfreiheit ergeben.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 | 2.22 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Deutsch-Französisches Institut (Hrsg.): Frankreich Jahrbuch 2006. Wiesbaden: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27778-frankreich-jahrbuch-2006_32624, veröffentlicht am 27.03.2008. Buch-Nr.: 32624 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken