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Christian König

Flüchtlinge und Vertriebene in der DDR-Aufbaugeneration. Sozial- und biographiegeschichtliche Studien

Leipzig: Leipziger Universitätsverlag 2014; 459 S.; hardc., 39,- €; ISBN 978-3-86583-862-9
Diss. Jena; Begutachtung: L. Niethammer, J. John. – „Mit dem Vorrücken der Roten Armee auf die Grenzen des Reiches setzte um die Jahreswende 1944/45 eine Fluchtbewegung gen Westen ein“ (31), das Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) wurde Aufnahme‑ und auch Durchzugsgebiet für Millionen von Menschen. Nicht zuletzt die Hoffnung auf baldige Rückkehr in die Heimatorte bewog sie zum Verbleib in den Regionen entlang der Oder und im Grenzgebiet der Tschechoslowakei, sodass die Bevölkerung in der SBZ rasch wuchs. In Mecklenburg zum Beispiel schnellte die Zahl der Bewohner 1946 um 50 Prozent in die Höhe, so Christian König. In den Mittelpunkt seiner Betrachtungen stellt er die Vorgänge der Flucht, Vertreibung und der zwangsweisen Aussiedlung sowie den Prozess der Ankunft und Aufnahme der Flüchtlinge und Vertriebenen in der SBZ/DDR. „Flucht und Vertreibung sind Lebensthemen“ (10). Daher hat der Autor ehemalige Flüchtlinge, die zwischen 1925 und 1935 geboren sind und zur Aufbaugeneration der DDR zählen, zu ihren Lebensgeschichten befragt. Diese Interviews bilden die Basis der Studie. Er berichtet, dass auf Anordnung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland für die SBZ der „euphemistische Begriff ‚Umsiedler‘“ (22) zur Bezeichnung der Flüchtlinge eingeführt worden war. Anfangs waren die Menschen in Lagern untergebracht, die als „Durchgangsstationen“, als erste Maßnahmen der „Versorgung, Registrierung und der medizinischen Betreuung“ (43) dienten. Im Anschluss war man bemüht, sie nicht als „kompakte Gruppe“ anzusiedeln, sondern in bestehende Gemeinden einzugliedern, da befürchtet wurde, dass die Vertriebenen „anfällig für ,revanchistische Propaganda‘“ (47) seien. Aufgrund städtischen Wohnraummangels erfolgte die Ansiedlung der Flüchtlinge zunächst überwiegend in ländlichen Gebieten. Doch dort stieß ihr Schicksal vielfach auf Unverständnis, sie waren oftmals Anfeindungen ausgesetzt. Der Autor berichtet, dass sich die Behörden ab 1946 bemühten, Ankommende nach beruflicher Qualifikation je nach Bedarf in bestimmte Regionen zu lenken, um das Arbeitskraftpotenzial der Geflüchteten zu nutzen. Eine Form der „beruflich fokussierten Arbeitskräftelenkung“ (55) stellten die „‚Umsiedlergenossenschaften‘“ dar, die mit dem Erstarken der volkseigenen Betriebe an Bedeutung verloren. Bildung und Arbeit waren die „Hauptbeschleunigungsfaktoren der Einbindung“ (405) von Flüchtlingen und Vertriebenen.
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Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Christian König: Flüchtlinge und Vertriebene in der DDR-Aufbaugeneration. Leipzig: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39116-fluechtlinge-und-vertriebene-in-der-ddr-aufbaugeneration_46876, veröffentlicht am 26.11.2015. Buch-Nr.: 46876 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken