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Jan Philipp Albrecht

Finger weg von unseren Daten! Wie wir entmündigt und ausgenommen werden

München: Knaur 2014 (Knaur Klartext); 191 S.; 7,- €; ISBN 978-3-426-78687-1
Nicht „nur die individuelle Selbstbestimmung der Menschen verschwindet, sondern auch die kollektive Selbstbestimmung des demokratischen Souveräns geht verloren“ (43), fasst Jan Philipp Albrecht, IT‑Rechtswissenschaftler, Europaabgeordneter der Grünen und Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die EU‑Datenschutzverordnung, die neuesten Ausmaße des Überwachungsskandals zusammen. Ausgehend von einer kurzen historischen Begründung des Datenschutzes und des unterschiedlichen internationalen Umgangs mit der Thematik, definiert Albrecht zunächst den Begriff der informationellen Selbstbestimmung als die aus der Würde des Menschen abgeleitete „Entscheidungsfreiheit und Kontrolle über die eigene Persönlichkeit“ (16). Anschließend charakterisiert er die ökonomischen Dimensionen und die Ideologie gegen staatliche Regulierung in Datenschutzfragen als eine Unterform des Neoliberalismus und stellt aufgrund dieser Entwicklungen den Verlust der Regulierungssouveränität der nationalen Politik in Fragen des Datenschutzes fest. Der realpolitische Weitblick des Autors wird besonders daran deutlich, dass er eine politische Verantwortung dafür ausmacht, die Grundrechte in das digitale Zeitalter einzuführen und die sicherheitspolitischen Leitideen zu überdenken. Konkret zielen seine Vorschläge auf eine vergemeinschaftete EU‑Sicherheitspolitik und die Abkehr vom „Generalverdacht“ (147), der sich insbesondere nach dem 11. September 2001 etablierte. Albrecht thematisiert außerdem die Gefahr von „deckungsgleichen Interessen“ (173) bei Kooperationen zwischen dem Staat und profitorientierten privatwirtschaftlichen Unternehmen wie Google, Microsoft oder Facebook – „nicht alles, was technisch möglich ist, und auch nicht alles, was theoretisch machbar wäre, ist auch gesellschaftlich wünschenswert“ (155). Den Schwerpunkt insgesamt aber machen die Ausführungen zur EU‑Datenschutzreform aus. Albrecht berichtet von einem selbst für Brüssel ungewöhnlich großen Ausmaß der Lobbyarbeit in allen EU‑Institutionen, was ein Indiz für die Wichtigkeit der Reform für privatwirtschaftliche Konzerne darstelle. Auch erläutert er die teils konträren Standpunkte der europäischen Institutionen im Reformprozess und kritisiert die blockierende Haltung einiger Mitgliedstaaten wie Großbritannien und Deutschland im Ministerrat. Die EU‑Datenschutzreform aber sollte seiner Ansicht nach die „Balance zwischen Kontrolle und Selbstbestimmung, Regeln und Autonomie“ (94) wiederherstellen.
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Rubrizierung: 2.263 | 2.343 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Christian Heuser, Rezension zu: Jan Philipp Albrecht: Finger weg von unseren Daten! München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37501-finger-weg-von-unseren-daten_46000, veröffentlicht am 04.09.2014. Buch-Nr.: 46000 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken