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Wolfgang Hetzer

Finanzkrieg. Angriff auf den sozialen Frieden in Europa

Frankfurt a. M.: Westend Verlag 2013; 320 S.; hardc., 21,99 €; ISBN 978-3-86489-022-2
Wolfgang Hetzer schildert auf eindringliche und in klar verständlicher, wenn auch bisweilen etwas reißerischer Weise, was derzeit in Europa auf dem Spiel steht. Seine Hauptthese lautet, dass die gegenwärtige Wirtschaftskrise mit ihren Folgen, wie etwa dem Vertrauensverlust der Bevölkerung in Wirtschaft und Politik, den sozialen Frieden in Europa gefährdet. Um dies zu belegen, skizziert er wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Zusammenhänge, die ihn an kriegsähnliche Verhältnisse erinnern, da sie frei von Wahrheit seien. In einem abschließenden Kapitel fasst er den Zustand in Europa in 34 Thesen zusammen. So erkennt Hetzer zum Beispiel in den „Expertenregierungen“ (279) Vorformen eines Ausnahmezustandes. Politiker würden nach wie vor die Verhältnisse schönreden, anstatt die Gesetze zu achten, ihre demokratische Gestaltungsfreiheit einzusetzen und für Gerechtigkeit zu sorgen. Er sieht zudem ein Versagen der Politik darin, dass eine mangelnde Regulierung im Finanzbereich vorherrscht, die Managern, Aufsichtsräten, Rechnungsprüfern, Rating‑Agenturen, Rechtsanwälten und Hypothekenvermittlern erst die Möglichkeit gegeben haben, moralisch Schuld auf sich zu laden. Die Frage, „ob die Geschichte offen ist für Produktionsweisen, Lebensbedingungen und Naturverhältnisse jenseits des Kapitalismus“ (281) hält Hetzer für überfällig und unverzichtbar. Außerdem sei die Vorstellung, dass der Reichtum einer Person Belohnung für ihre Leistung und Arbeit ist, eine „der gravierendsten (Selbst‑)Täuschungen in der neueren Gesellschafts‑ und Wirtschaftsgeschichte“ (281). Und zuletzt sei die prekäre Vertrauenssituation mit dem Heilsversprechen Kapitalismus dafür verantwortlich, dass es zu einer fundamentalen Entmündigung des Menschen komme. Da zudem die Verantwortlichen für die Krisen nicht zur Rechenschaft gezogen worden seien, befürwortet Hetzer gesellschaftlichen Widerstand gegen „das Versagen der Politik und die asoziale Energie der Finanzwirtschaft“ (282). Aufgrund dieser Gemengelage sieht der Autor Europa am Abgrund, die soziale Basis im Wirtschafts‑und Euro‑Europa breche weg. Einen möglichen Ausweg erkennt er darin, das Europäische Parlament zu einem echten Gesetzgeber und die EU‑Kommission zu einer richtigen europäischen Regierung aufzuwerten. Beides müsse jedoch durch Entscheidungen der Bürger in den Mitgliedsländern der Europäischen Union legitimiert werden.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 4.43 | 2.61 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Wolfgang Hetzer: Finanzkrieg. Frankfurt a. M.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35978-finanzkrieg_42979, veröffentlicht am 17.07.2013. Buch-Nr.: 42979 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken