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Inti Schubert

Europol und der virtuelle Verdacht. Die Suspendierung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2008 (Frankfurter kriminalwissenschaftliche Studien 107); 250 S.; brosch., 48,70 €; ISBN 978-3-631-57157-6
Rechtswiss. Diss. Frankfurt/M.; Gutachter: C. Prittwitz, W. Hassemer. – Im Zentrum der Untersuchung steht die europäische Polizeibehörde Europol, deren Aufgabe in der Zusammenführung, Vernetzung und Analyse polizeilicher Daten aus den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union besteht. Ziel der Analyse ist es, im Zusammenhang mit der Wirkungsweise Europols und den daraus folgenden Konflikten mit den Grundrechten zu klären, inwiefern die gegenwärtige Praxis Europols rechtmäßig ist. Der Autor konzentriert sich dabei auf die besonders grundrechtsrelevante Datenanalyse. Untersucht wird, welche Auswirkungen diese auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat und welches Grundrechtsverständnis hinter der Kooperation der europäischen Polizeibehörden steht. Gefragt wird nach der Vereinbarkeit des polizeilichen Konzepts der Risikovorsorge mit den Anforderungen einer rechtsstaatlichen Polizeiarbeit. Schubert kommt zu dem Ergebnis, das die rechtlichen Vorraussetzungen für den Eingriff in das in Deutschland gesetzlich geschützte Recht des einzelnen Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung im Fall von Europol nur unklar geregelt sind. Der Hauptkritikpunkt besteht darin, dass eine Verlagerung der polizeilichen Eingriffsschwelle in das Vorfeld von Straftaten und konkreter Gefahren stattfinde. Europol generiere in seiner Datenanalyse Wissen, das die Grundlage bilde für weitere Analyseprozesse oder auch Ermittlungen, ohne das zwischen Gefahrenabwehr, Strafverfolgung oder Risikovorsorge oder auch zwischen Tätern, Verdächtigen und weiteren Personen unterschieden werde. Schubert spricht im Fall von Europols Datenanalyse von einem „virtuellen Verdacht“ (229), der verfassungswidrig sei.
Jan Schedler (JS)
Diplom-Sozialwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Fakultät für Sozialwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum.
Rubrizierung: 3.3 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Jan Schedler, Rezension zu: Inti Schubert: Europol und der virtuelle Verdacht. Frankfurt a. M. u. a.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29388-europol-und-der-virtuelle-verdacht_34767, veröffentlicht am 11.09.2008. Buch-Nr.: 34767 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken