
European Exclaves in the Process of De-bordering and Re-bordering
Enklaven und Exklaven sind ein vielschichtiges Phänomen, ja ein Kuriosum, das viel zu selten in den Handbüchern der Politischen Geografie auftaucht. Selbst wenn die schiere Existenz registriert und sodann in anschaulichen – zumeist auf Mittel‑ und Westeuropa zentrierten – Fallbeispielen rein deskriptiv seziert wird, fehlt im Grunde genommen eine aktive Auseinandersetzung mit der Materie. Interessanterweise trägt der europäische Integrations‑ und Erweiterungsprozess dazu bei, das bislang recht marginale Interesse an diesem Untersuchungsgegenstand zu wecken, der etwa im Kontext der Border/Frontier‑Diskussion oder des Verhältnisses von (politischer) Transregionalität /(sozio‑)kultureller Translokalität zur interdisziplinären Betrachtung einlädt. Von daher versteht sich der Sammelband als Gesamtkonzept, das sich an dem schon länger diskutierten Dualismus aus De‑ und Rebordering im Zuge der europäischen Konzeption von Nachbarschaft orientiert. Die Herausgeber – Jaros?aw Ja?czak, Europa‑Universität Viadrina, und Przemys?aw Osiewicz, Adam Mickiewicz‑Universität Poznan – nähern sich ihrem Sujet über einen arg konstruiert wirkenden Einstieg und eine den Menschenrechtsdiskurs bemühende Betrachtung der Rechtsförmigkeit von Exklaven. Ausgangspunkt ist die durchaus geläufige Überlegung, dass der Zusammenbruch der Sowjetunion und Jugoslawiens zu Beginn der 1990er‑Jahre sowie der damit einhergehende Separatismus/Nationalismus zu einer politischen, sozialen, ökonomischen und nicht zuletzt auch gewaltförmigen Verfestigung von Grenzräumen geführt hat. Leider greift der Beitrag von Thomas Lundén zu kurz, eine theoretische Fundierung wird hier nicht geliefert. Dafür sind die Fallbeispiele aus Ex‑Jugoslawien und vom Kaukasus umso interessanter. So zeigt etwa Lika Mkrtchyan anschaulich die Komplexität multiethnischer Konfliktlagen auf, die sich aus der gegenwärtigen Enklaven‑Situation ergeben. Da eine Abschlussbetrachtung fehlt, bleibt es just bei den Momentaufnahmen, die Lundén in seinem Beitrag bei vergleichbaren Arbeiten kritisiert.