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Martin Silzer

Europäisierung der finnischen Außen- und Sicherheitspolitik. Eine interessenbasierte Analyse

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014; 326 S.; brosch., 59,- €; ISBN 978-3-8487-1424-7
Politikwiss. Diss. Tübingen; Begutachtung: G. Abels, T. Dietz. – Die Außen‑ und Sicherheitspolitik Finnlands gehört in der deutschen Politikwissenschaft sicherlich nicht zu den Forschungsschwerpunkten. Sie eignet sich aber hervorragend, um die Wechselwirkungen zu untersuchen, die sich ergeben, wenn ein zuvor (militärisch) neutrales Land der Europäischen Union beitritt, diesen Schritt gemeinsam mit dem Nordischen Rat gestaltet, sich über den Ostseerat eine zusätzliche außenpolitische Gesprächsplattform erschließt und es so schafft, binnen relativ kurzer Zeit die eigenen (sicherheitspolitischen) Interessen gegenüber dem Nachbarn Russland und in der Ostseeregion auf der europäischen Ebene zu implementieren. Ohne die finnische Initiative gäbe es keine nördliche Dimension als bewusstes Gegengewicht etwa zum seit Jahren brachliegenden Barcelona‑Prozess. Genau hier setzt die Studie von Martin Silzer an: Wenn ein Staat wie Finnland in der Lage ist, sein außen‑ und sicherheitspolitisches Profil durch den EU‑Beitritt dergestalt zu schärfen, lohnt ein genauerer Blick auf die zugrunde liegenden Motive, die beteiligten Akteure und die zum Tragen kommenden Strukturen. Ausgehend von einer Schärfung des Terminus Europäisierung erschließt Silzer, heute Leiter des Europabüros des Städtetags Baden‑Württemberg in Brüssel, anhand von zwei Fallstudien die rationalen Akteursmuster in der Matrix EU‑Finnland: die Sicherheitspolitik, die unter dem Einfluss der Nachbarschaft zum heutigen Russland und der Karelien‑Frage steht, sowie die Energiepolitik, die für Finnland bei seiner naturräumlichen Struktur zur Überlebensfrage werden kann. Der Forschungsansatz (Adaption‑nationale Projektion‑Wechselwirkung) ist auch methodisch schlüssig, das Argument der zunehmenden Dynamik nachvollziehbar. Finnland, so das Fazit, hat sich als „russlandpolitischer Ansprechpartner“ (292) bewährt; gerade weil Helsinki nicht die NATO‑Option zieht, kann das Land seinen Einfluss in der GASP sogar ausbauen. Im Energiesektor greift der erweiterte Sicherheitsbegriff insoweit, als Silzer hierin die Bestätigung einer längerfristigen Entwicklung erkennt. Finnland ist in der EU damit gut aufgestellt.
Martin Schwarz (MAS)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften und Philosophie (ISP) an der Universität Vechta.
Rubrizierung: 4.222.61 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Martin Silzer: Europäisierung der finnischen Außen- und Sicherheitspolitik. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37703-europaeisierung-der-finnischen-aussen--und-sicherheitspolitik_46037, veröffentlicht am 23.10.2014. Buch-Nr.: 46037 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken