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Christian Ersche

Europäischer Universalismus und der Aufstieg neuer Mächte. Die chinesisch-brasilianischen Beziehungen als Fallbeispiel gegenwärtiger Süd-Süd-Kooperation

Konstanz/München: UVK Verlagsgesellschaft 2014; 294 S.; 41,- €; ISBN 978-3-86764-580-5
Diss. Freiburg; Begutachtung: H. Schwengel. – Bedeutet der Aufstieg von Schwellenländern zu neuen Mächten eine qualitativ andere Globalisierung? Oder handelt es sich hierbei lediglich um eine Verschiebung der Macht innerhalb der bestehenden globalen Ordnung? Mit diesen Fragen setzt sich der Soziologe Christian Ersche auseinander. Auf der Grundlage von explorativen Interviews, die er in den Jahren 2011 und 2012 in China und Brasilien geführt hat, untersucht er anhand beider Staaten nicht allein die geopolitischen Herausforderungen für die „Hegemonie des Nordens“ (13), sondern fragt vielmehr nach Alternativen zu den bekannten eurozentrischen Weltdeutungs‑ und Modernisierungsversuchen. Diese sind insofern für den Autor interessant, als ihre Existenz auf alternative Entwicklungspfade und ‑modelle hinweisen würde, die für eine Süd‑Süd‑Kooperation stünden, die sich explizit nicht auf westliche Denkmuster beruft. Ersche betrachtet Brasilien und China jeweils abwechselnd aus sozioökonomischer Perspektive als „Emerging Market Society“ (53) und wirtschaftlich(außen)politischem Blickwinkel im Sinne einer „Emerging Global Power“ (161). Letztere Perspektive erlaubt ihm die Analyse der Muster, die beide Staaten in ihrem Kooperationsverhalten globaler und regionaler Ebene zu Partnern im Norden wie im Süden an den Tag gelegt haben. Hierauf aufbauend widmet er sich in den letzten beiden Kapiteln en détail der chinesisch‑brasilianischen Süd‑Süd‑Kooperation und ihrer multilateralen Form im Rahmen der BRICS‑Initiative. Das chinesisch‑brasilianische Verhältnis sei dabei nicht nur durch eine „Asymmetrie des ökonomischen Austauschs“ (209) geprägt, auch „[k]ulturell sind sich Brasilien und China bisher relativ fremd geblieben“ (219). Wie Ersche herausarbeitet, lassen sich die chinesischen wie brasilianischen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Denk‑ und Handlungsmuster immer auch als Reaktionen – ablehnend wie zustimmend – und somit als Teil von Interaktionen mit europäischen beziehungsweise westlichen Mächten verstehen. Mit Blick auf die Frage nach den „Alternativen zu einer delegitimierten eurozentrischen Weltordnung“ (266), mit denen die aufstrebenden Mächte als Ergebnis zwischenseitiger Kooperation aufwarten können, fällt Ersches Bilanz allerdings nüchtern aus. Zwar habe es auf machtpolitischer Ebene Veränderungen gegeben, die neuen Mächte würden jedoch vor allem das Ziel materiellen Wachstums und somit eine „neue Entwicklung zunächst innerhalb alter Kategorien“ (266) verfolgen.
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Rubrizierung: 4.222.682.65 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Christian Ersche: Europäischer Universalismus und der Aufstieg neuer Mächte. Konstanz/München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38896-europaeischer-universalismus-und-der-aufstieg-neuer-maechte_46974, veröffentlicht am 24.09.2015. Buch-Nr.: 46974 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken