
Europäische Integration und Globalisierung. Festschrift zum 60-jährigen Bestehen des Europa-Instituts
Die Festschrift versammelt 42 Beiträge von Autoren und Autorinnen, die dem Europa-Institut der Universität des Saarlandes verbunden sind. Dies erklärt die Unterschiedlichkeit der Beiträge – sowohl was Themen als auch Qualität betrifft. Leider haben es die Herausgeber zusätzlich versäumt, die Aufsätze zu ordnen, sodass man vergeblich einen roten Faden in diesem fast siebenhundert Seiten starken Sammelband sucht. Die Themenvielfalt reicht von europarechtlichen Spezialfragen, wie neueren Entwicklungen im EU-Statistikrecht und dem „Tatbegriff des europäischen Doppelbestrafungsverbots“ (567), bis hin zu fast schon staatsphilosophischen Fragen, wie „Was wird aus Europa“ (555) und „Was denn ist ein Volk?“ (131) Aus politikwissenschaftlicher Sicht dürften deshalb nur einzelne Beiträge von Interesse sein. Hierzu zählt z. B. der von Christian Calliess, der sich mit der Frage der Gewaltenteilung in der EU vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl an europäischen Agenturen befasst. Calliess gibt nicht nur einen Überblick über die Vielzahl verschiedener Agenturen, die die Kommission inzwischen institutionalisiert und mit exekutiven Aufgaben ausgestattet hat. Vielmehr konstatiert er, dass es zu einer „Vernetzung zwischen mitgliedstaatlicher und unionaler Verwaltung“ gekommen sei, die als europäischer „Verwaltungsverbund“ (69) bezeichnet werden könne. Interessant ist in diesem Kontext der Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH, der mit Blick auf etwaige Kompetenzverschiebungen im Institutionengefüge der EU den Begriff des institutionellen Gleichgewichts geprägt hat, das es auch bei der Schaffung neuer Agenturen zu erhalten gelte. Waltraud Hakenberg, Kanzlerin des Gerichts für den öffentlichen Dienst der EU in Luxemburg, widmet sich in ihrem Beitrag der über fünfzig Jahre währenden „Gestaltung von Europa durch Recht“ (233) durch den EuGH. Aufgrund ihrer Binnenkenntnisse des europäischen Gerichtswesens gelingt es ihr, dieses viel diskutierte Thema durch einige unbekannte Details anzureichern. Ähnlich profund und von hoher tagespolitischer Aktualität ist auch der Beitrag von Martin Selmayer, der sich mit der Rolle des Präsidenten der Europäischen Zentralbank „zwischen Recht und Politik“ (513) befasst. Eindrucksvoll zeigt er auf, über welche Machtfülle der EZB-Präsident verfügt und wie diese von den bisherigen drei Präsidenten Duisenberg, Trichet und Draghi genutzt und sukzessive ausgebaut wurde. Der Beitrag „Revisited: Was wird aus Europa?“ (555), den der Direktor des Europa-Instituts, Torsten Stein, beigesteuert hat, lädt zu Widerspruch ein – zeugt doch die Feststellung, dass Volksabstimmungen über EU-Verträge „völlig sinnlos“ (556) seien, von einem elitären und überholten (neo-)funktionalistischen Europaverständnis.