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Ingolf Pernice / Lars S. Otto (Hrsg.)

Europa neu verfasst ohne Verfassung. Chancen und Bedeutung des Vertrags von Lissabon. Forum Constitutionis Europae 10

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Schriftenreihe Europäisches Verfassungsrecht 32); 98 S.; brosch., 24,- €; ISBN 978-3-8329-5176-4
Pernice und Otto haben in diesem Band Analysen vereint, in denen der Vertrag von Lissabon von durchaus unterschiedlichen Seiten betrachtet wird. Jo Leinen betont, dass die EU mit dem Lissabon-Vertrag einen institutionellen Fortschritt gemacht habe, der die Bewältigung von grenzüberschreitenden Problemen erleichtern werde. Das institutionelle Gefüge des Vertrags sei jedoch nur ein Zwischenschritt und somit bleibe u. a. zu überlegen, wie die Europäische Kommission zu einer europäischen Regierung weiterentwickelt werden könne, um einen Plan zur Zukunft der Europäischen Union zu entwickeln. Dieser Einschätzung setzt Hans-Jürgen Papier ein kritisches Fazit zum Lissabon-Vertrag entgegen. Zwar räumt auch er ein, dass durch Subsidiaritätsprinzip und -klage sowie durch das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung eine Aufwertung der nationalen Parlamente erfolgt ist; dennoch bleibe rein faktisch die Frage offen, ob ein nationales Parlament ex ante in der Lage sei, die große Anzahl von Regelungen zu überprüfen, die in Brüssel vorbereitet würden. Papier verweist auf den Grundrechtsschutz, den der Vertrag von Lissabon durch den Verweis auf die EU-Grundrechtecharta erzeugt. Die sogenannte „opt-out-Klausel“, die Großbritannien und Polen in Anspruch genommen haben, und die Tendenz zur Entwicklung allgemeiner Rechtsgrundsätze durch den EuGH sieht er hingegen sehr kritisch. Dadurch entsteht ein ambivalentes Bild der zukünftigen Machtaufteilung zwischen Bundesstaat und der Europäischen Union. Einen theoriegeleiteten Versuch, diese Ambivalenz aufzuklären, unternimmt Olivier Beaud mit seiner Bundeslehre („Théorie de la Fédération“). Dieser handliche Band fasst Vorträge zusammen, die in den Jahren 2007 und 2008 im Berliner Forum Constitutionis Europae gehalten wurden.
Jens Wassenhoven (JWN)
Dipl.-Kfm., Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 3.2 Empfohlene Zitierweise: Jens Wassenhoven, Rezension zu: Ingolf Pernice / Lars S. Otto (Hrsg.): Europa neu verfasst ohne Verfassung. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32307-europa-neu-verfasst-ohne-verfassung_38553, veröffentlicht am 14.09.2010. Buch-Nr.: 38553 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken