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Roland Vaubel

Europa-Chauvinismus. Der Hochmut der Institutionen

München: Universitas 2001; 218 S.; 20,40 €; ISBN 3-8004-1424-4
Vaubel - Professor für Wirtschaftspolitik und Internationale Organisationen in Mannheim sowie Mitglied der European Constitutional Group, die 1993 den Entwurf eines Verfassungsvertrags vorgelegt hat - berichtet über seine Wandlung vom einstigen "Euromantiker" zum "Eurokritiker". Sie setzte mit dem Vertrag von Maastricht 1991 ein, mit dem Einstieg in den "Euro-Großstaat" (9). Mit der Vollendung des Binnenmarktes und der Schaffung der Währungsunion durchlebe Europa eine kritische Phase. Nun sollte gefragt werden, ob eine weitere Zentralisierung als Folge der politischen Integration sinnvoll sei, denn so werde die Macht des Staates über die Bürger gestärkt und Europa letztendlich geschwächt. Vaubels zentrale Frage lautet daher: "Wie weit darf die Zentralisierung Europas noch gehen?" (11) Das derzeitige EU-System verstoße, so der Autor, gegen das Gewaltenteilungs-, das Demokratie- und das Subsidiaritätsprinzip. Um hier eine Besserung zu erzielen, präsentiert er eine Reihe von Vorschlägen, u. a. plädiert er für eine Stärkung der nationalen Parlamente im europäischen Gesetzgebungsprozess, ihnen sollten Kontroll- und Entscheidungsrechte in diesem Bereich übertragen werden. Auch die Rolle des Europäischen Gerichtshofes gelte es stark zu modifizieren, damit er nicht länger als "Motor der Zentralisierung" (182) wirken könne. Um tatsächlich ein Europa der Bürger zu schaffen, sollten auf EU-Ebene plebiszitäre Elemente vorgesehen, also die Möglichkeit eingeräumt werden, Volksabstimmungen zur Entscheidung wichtiger politischer Themen abzuhalten. Vaubel plädiert für einen europäischen Verfassungsvertrag, um die Kompetenzen der Union klar zu umreißen und um zu vermeiden, dass über die Auslegung und Änderung der Kompetenzen nicht die EU-Institutionen entscheiden, die seiner Meinung nach selbst an einer weiteren Zentralisierung Europas interessiert sind. Dieser Verfassungsvertrag sollte von einer interparlamentarischen Konferenz erarbeitet werden, die sich aus Vertretern der nationalen Parlamente zusammensetzt. Der Vertrag müsste auch die Möglichkeit eines Austritts eines Mitgliedstaates aus einem bereits vergemeinschafteten Politikbereich offerieren. Angesichts der laufenden Beratungen im Verfassungskonvent bietet das Buch einen aktuellen Diskussionsbeitrag. Inhaltsübersicht: 1. Vom Nationalismus zum Europa-Chauvinismus; 2. Die Zentralisierung Europas stärkt die Macht des Staates über die Bürger; 3. Ganz Europa über einen Kamm?; 4. Die Denkfehler der Euromantiker; 5. Weshalb es der politischen Klasse gefällt; 6. Das Eigeninteresse der europäischen Institutionen; 7. Das Bündnis mit den Interessenverbänden; 8. Der Fall Euro: Hat die Zukunft schon begonnen?; 9. Wo die Reform ansetzen muss; 10. Eine Prognose: Die Osterweiterung und danach.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Roland Vaubel: Europa-Chauvinismus. München: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/15705-europa-chauvinismus_17913, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 17913 Rezension drucken