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Brendan Simms / Benjamin Zeeb

Europa am Abgrund. Plädoyer für die Vereinigten Staaten von Europa. Aus dem Englischen von Hans Freundl

München: C. H. Beck 2016; 140 S.; brosch., 12,95 €; ISBN 978-3-406-69157-7
In ihrem Pamphlet für die „Vereinigten Staaten von Europa“ propagieren die Historiker Brendan Simms und Benjamin Zeeb eine radikale Vertiefung der politischen und militärischen Integration der EU nach dem historischen Vorbild Großbritanniens und der USA. Nur eine föderale Union der Eurozonenstaaten könne die gegenwärtigen Herausforderungen bewältigen und das Potenzial ausschöpfen, um „einer der mächtigsten, wenn nicht gar der mächtigste Akteur in der internationalen Arena zu sein“ (19). Europa könne in seiner derzeitigen Form weder die Auswirkungen der Wirtschaftskrise lösen noch dem massiven Flüchtlingszustrom, der Instabilität im Nahen Osten oder der imperialen Bedrohung Russlands begegnen. Der für die gegenwärtige Krise verantwortliche Mangel an zentralisierter Autorität wird als „Produkt eines deutschen Problems und auch des imperialen deutschen Erbes“ (36) dargestellt. Argumentiert wird, dass sich Deutschland historisch in einer „Spannung zwischen Einhegung und Mobilisierung“ (51) befunden habe, weil es zum einen an einer imperialen Ausdehnung gehindert, zum anderen aber zur Wehrhaftigkeit gegenüber der Sowjetunion befähigt werden sollte. In diesem Spannungsverhältnis habe sich auch die EU entwickelt, deren vor allem ökonomischer Integrationsprozess einen weiteren innereuropäischen Krieg verhindern und den Schutz vor äußeren Bedrohungen sicherstellen sollte. Unter der „anglo‑amerikanischen Lösung“ (75) stellen sich die Autoren ein präsidiales politisches System mit zwei Kammern, eine gemeinsame Armee, eine zentralisierte Außen‑ und Grenzpolitik sowie supranationale Transfer‑ und Finanzmechanismen vor. Eine solche Union bilde sich „nicht auf evolutionärem Weg, sondern durch einen ‚großen Knall‘“ (79), der zunächst die zentralen Institutionen schaffe und Demokratisierung sowie die Bildung der Zivilgesellschaft als nachrangig betrachte. Auffällig an den Ausführungen sind die besondere Betonung einer russischen Bedrohung und die Konzeption der Staatsunion als Elitenprojekt, hinter dem die demokratischen und ökonomischen Verhältnisse der Menschen tendenziell verschwinden.
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Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Sven-Jacob Sieg, Rezension zu: Brendan Simms / Benjamin Zeeb: Europa am Abgrund. München: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40050-europa-am-abgrund_48441, veröffentlicht am 08.09.2016. Buch-Nr.: 48441 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken